Wer
verdient warum wie viel? Über die Einkommen in der bürgerlichen Gesellschaft
und ihre Quellen
Einleitung
– Die Ideologie von den gerechten Einkommensunterschieden
In der
Marktwirtschaft haben alle Wirtschaftssubjekte eines gemeinsam: Sie gehen einer
Erwerbstätigkeit nach und beziehen aus dieser Erwerbstätigkeit ein Einkommen -
vom einfachen Arbeiter, über den Lehrer, zum Unternehmer bis hin zum
Bundeskanzler. Wie viel Geld ein Wirtschaftssubjekt für seine Tätigkeit heim
trägt und was es dafür tun muss, entscheidet über sein Leben, darüber nämlich,
ob ihm die Güter des täglichen Bedarfs sowie des Genusses in ausreichender
Menge und Qualität zugänglich sind, und ob die für deren Beschaffung
erforderliche Arbeit auch noch Lebenszeit und Lebenskraft für Genuss und die
Entwicklung freier Interessen übriglässt.
Jeder weiß nicht
nur, dass die Einkommen in der Marktwirtschaft sich sowohl hinsichtlich ihrer
Höhe als auch danach, was man dafür zu tun hat, krass unterscheiden, sondern
betrachtet Einkommensunterschiede per se als die größte Selbstverständlichkeit.
Dass alle, die ihren Berufsalltag erledigen, anschließend gleichermaßen was vom
Leben haben, das gilt in einer sozialen Marktwirtschaft als absolut
unvorstellbar – wäre Gleichmacherei.
Dass die Berufstätigkeit
einen gescheiten Lebensunterhalt abwirft, gilt für die wenigsten; die meisten
müssen sich mit Bruchteilen dessen begnügen, was die Bessergestellten so haben
und brauchen. Und das soll ohne jede Frage in Ordnung gehen?
Ganz so ist es
doch auch wieder nicht gemeint. Dass Armut und Wohlstand, freier Zugriff auf
die in der Welt produzierten sachlichen Reichtümer und Ausschluss davon
notwendigerweise zu unserem unschlagbaren Wirtschaftssystem dazugehören, das
will so auch wieder keiner behauptet haben; das wäre ja fast schon
Systemkritik.
Die Idee ist, dass
das Geldeinkommen zum Beruf passt. Einkommensunterschiede gehen nicht einfach
so in Ordnung, sondern weil sie gerecht sind, weil sich nach allgemeiner
Auffassung das Einkommen nach den Verdiensten eines Menschen richtet. Die Idee
ist, dass die Bezahlung eine gerechtes Äquivalent für die erbrachte Leistung
sei. Zumindest im Prinzip.
Denn zugleich
kennt ein jeder aus der wirklichen Berufswelt zu Hauf Beispiele für Verstöße
gegen dieses Prinzip. Die Zweifel daran, ob es bei der vorfindlichen Zuordnung
von Geldsumme und Tätigkeit immer mit rechten Dingen zugeht, sind
allgegenwärtig. Geht es in Ordnung, dass Banker und Manager jährlich Millionen
verdienen? Heißt es insbesondere seit der Finanzkrise.
Gerade unter
denen, die gar nichts davon haben, weder von der herrschenden
Einkommensverteilung noch von dem Glauben an eine dahinter waltende
Gerechtigkeit, ist eine verkehrte Deutung ihrer bescheidenen Lage viel
beliebter. Da hält man sich an die Annahme, der Maßstab einer gerechten
Einkommensverteilung wäre bisweilen verrutscht, so dass die Falschen zu viel
kriegen und man selbst zu wenig – nicht zu wenig für ein anständiges Leben ohne
Sorgen, sondern im Vergleich. Es wird also nicht kritisiert, dass es
Einkommenshierarchie gibt, sondern gefragt ob sie gerechtfertigt sind: Verdient
der, der so viel verdient, das tatsächlich? Und umgekehrt: Ich, der so wenig
verdient, verdiene eigentlich mehr!
Unverwüstlich wird
an einen Maßstab geglaubt, der in der Realität bloß durch Abwesenheit glänzt.
Der Vorwurf „ungerecht“ ersetzt dann
jede Erklärung. Umso mehr gilt er eben eigentlich, sollte gelten, wo und weil
er nicht gilt.
Und was gilt dann
oder sollte wenigstens? Welche beruflichen Verdienste misst die vorgestellte
ideale Messlatte? Womit sollen Armut und Wohlstand übereinstimmen, damit sie –
wenigstens „im Prinzip“ – in Ordnung
gehen? Leistung soll es sein in unserer „Leistungsgesellschaft“,
Fähigkeit, Ausbildung oder Konkurrenzfähigkeit des Einkommensbeziehers.
Im Teil I wird
dargelegt, inwiefern all diese Gesichtspunkte das, was sie leisten sollen -
nämlich zu belegen, dass das, was einer verdient, sich aus dem ergibt, was er
leistet, sich also nach seinen Verdiensten richtet –, bei näherer Betrachtung
allesamt nicht leisten.
Wer sich fragt, ob
das Einkommen von jemandem zu seiner Leistung „passt“ - wie auch immer diese Leistung definiert ist, oder - anders
gesagt -, wer um das rechte Verhältnis von Leistung und Geld rechtet - der
leistet sich nicht nur den fatalen Fehler, sich schon längst von dem Gedanken
verabschiedet zu haben, die Einkommen daran zu messen, was sie als Lebensmittel
für die Leute taugen, sondern befasst sich auch nicht mehr mit der Frage, mit
welcher Art Tätigkeit die verschiedenen Leute eigentlich ihr Einkommen
verdienen.
Teil II befasst
sich dann damit, wie denn die Sache mit dem Einkommen tatsächlich funktioniert,
wie die Einkommen tatsächlich bestimmt sind. Mit welchen Mitteln sichern sich
die verschiedenen Teilnehmer an der Wirtschaft ihren Anteil? Wofür werden sie
bezahlt? Sind Grund, Zweck und Quelle der diversen Einkommen erst einmal
geklärt, braucht sich niemand mehr darüber wundern, dass diejenigen, die mit
ihrer Arbeit das Nationalprodukt schaffen, ewig arm bleiben, während die
wirklich Reichen persönlich mit Arbeit nichts zu tun haben. Dieser Teil ist
damit als endgültige Kur gegen alle Gerechtigkeitsvorstellungen in diesem
System gemeint.
Teil
I – Kritik gängiger Vorstellungen der Beziehung vom Verhältnis von beruflicher
Tätigkeit und Verdienst
Wenn einem schon
auffällt, dass es eigentlich nicht so recht auszumachen ist, warum Banker Boni
in vielfacher Millionenhöhe kassieren, und andere, die sich ganz schön
abrackern – etwa in Schichtarbeit oder als Erntehelfer auf dem Feld -
Schwierigkeiten haben, ihren Lohn und ihre Gesundheit einzuteilen, wer sich schon
darüber wundert, wäre gut beraten, die Vorstellung, dass der Verdienst beider
denselben Zuordnungsregeln von Tätigkeit und Einkommen gehorcht, aufzugeben.
Anders herum, wenn
man schon daran festhalten möchte, es sind doch in allen Fällen Einkommen, die
für irgendeine Art der Berufstätigkeit gezahlt werden, deshalb muss es doch
wohl einen Grund für die Höhe der Einkommen geben, dann sollte man sich auf die
Suche nach diesem Grund für die verschiedenen Einkommenhöhen machen, statt zu
sagen, der Grund für das behauptete Missverhältnis wäre himmelschreiende
Ungerechtigkeit. Damit sagt man nämlich, dass der Grund für das behauptete
Missverhältnis – dafür, dass man die eigene passende Zuordnung nicht entdecken
kann – die Abwesenheit einer gerechten Zuordnung von Geld und Leistung wäre. Man
möchte mit dem eigenen Gerechtigkeitsempfinden klären, warum es denn gar so
schlecht steht im Verhältnis von Arm und Reich. Durch nichts zu erschüttern,
wird an einen Maßstab geglaubt, der in der Realität bloß durch Abwesenheit
glänzt. Es ist das immer noch der Grundgedanke, es gäbe Maßstäbe, die
eigentlich in Ordnung gingen, wenn sie nicht laufend verletzt würden.
Was gilt denn nun,
wenn schon nicht wirklich, so doch wenigstens eigentlich – sollte also gelten?
Leistung
Die erste Idee bei
der Suche nach dem einen Grund oder – genauer gesprochen – bei der
Unterstellung, einen solchen Maßstab müsste es doch geben, bei der alle landen,
heißt, mit der Leistung des Berufstätigen hätte es was zu tun. „Leistung muss sich lohnen“ sagt der ÖGB
und überhaupt jeder, der einen guten Grund dafür wissen will, warum es
Einkommensunterschiede gibt und die auch sein müssen.
Woran soll man bei
Leistung jetzt denken? Ist vielleicht die Anstrengung gemeint, die eine Arbeit
erfordert? Das Maß, in dem sich einer verausgabt? „Arbeit pro Zeit“, ganz im Sinn der physikalischen Definition von
Leistung? Das wäre ja immerhin eine Bestimmung, um schwerere von leichteren
Arbeiten zu unterscheiden.
Nur: Mit dieser Leistung,
hat die Leistung, die „sich lohnen soll“,
nichts zu tun. Da muss man nicht nach Extremen suchen und die Frage aufwerfen,
ob sich der Bundeskanzler 10 Mal so viel Mühe gibt, wie ein Arbeiter, ein
Spitzensportler sich tatsächlich genau 1000 Mal mehr anstrengt als eine Putzfrau
mit 50-Stunden-Woche. Es ist doch auch sehr fraglich, ob sich ein Techniker,
der am Computer ein Werkstück entwirft, gründlicher verschleißt als der Hilfsarbeiter,
der tagein tagaus 38.5 Stunden die Woche, die entsprechenden Stücke
zusammenschraubt. Es stimmt auch nicht, dass derjenige, der technische
Zeichnungen anfertigt, sich dabei mehr verausgabt und deswegen mehr verdient,
als derjenige, der für das Kehren der Straße zuständig ist, oder für die
Abholung des Mülls.
In den genannten
Beispielen ist es tatsächlich genau umgekehrt. Das eine sind sehr anstrengende,
der Gesundheit nicht übermäßig zuträgliche Tätigkeiten, nach denen man fertig
ist, und der andere, der seine technischen Zeichnungen erstellt hat, der mit Computern
und Taschenrechner zu tun hat, geht vielleicht nach Betriebsschluss in seinem Technischen
Büro nicht übermäßig ermüdet in die Bar.
Das weiß
eigentlich auch jeder. Jeder der sich die Gretchenfrage „Was soll ich werden?“ stellt, meidet Jobs am Bau oder am Fließband,
weil bei denen schwere oder einseitige Anstrengung unter Hochdruck verlangt
wird und sie gleichzeitig in der Einkommenshierarchie weit unten liegen.
Der
marktwirtschaftliche Sachverstand hält sich bei der Rechtfertigung der
Einkommensunterschiede zwischen Techniker und Arbeiter im Straßendienst gerne
an der Vorstellung fest, ein Techniker wäre umfassender gefordert, müsste
edlere Teile als bloß die Muskeln anstrengen, den Kopf zum Beispiel. Er würde
auf diese Weise mehr von seiner geschätzten Person verausgaben. Insofern würde
am Schreibtisch nicht einfach etwas Anderes, sondern mehr geleistet als im Dreck
der Werkstatt. Gewissermaßen so, als würde durch Jobs der niederen Sorte gar
nicht der ganze Kerl bzw. die ganze Frau gefordert, sondern nur ein kleiner
Teil in Anspruch genommen, und der Rest, der Verstand zum Beispiel, könnte
unterdessen treiben, was er will.
Ist es so? Nie und
nimmer! Im Gegenteil: Nie wird der Mensch so vollständig strapaziert wie durch
Arbeiten, die ihn vereinseitigen und auf etwas total Borniertes beschränken;
nichts macht ihn so komplett fertig wie die dauernde Verausgabung eines Teils
seiner Kräfte und die Reduktion seines Geistes auf bloße Konzentration. Dass es
dafür weniger Geld gibt statt mehr, das bringt durchaus eine
marktwirtschaftliche Ordnung in die Welt der schlechteren Berufe, nur eben gar
nicht nach dem Grundsatz eines rücksichtsvollen Ausgleichs von Belastungen.
Anders käme ja
auch nie eine richtige Karriereleiter zustande. Wenn jeder berufliche „Aufstieg“ weg von der Schinderei, die
Körper und Verstand ruiniert - den Körper durch einseitigen und den Verstand
durch Nicht-Gebrauch - nach dem Grundsatz der ausgleichenden Gerechtigkeit
weniger Geld brächte – nach welcher Umrechnungstabelle auch immer! – dann
bliebe von der Vielfalt der Berufstätigkeiten ja tatsächlich bloß eine Vielfalt
übrig und gar nicht die bekannte sinnreiche Ordnung, in der „unten“ und „oben“ so schön eindeutig und gar nicht zu verwechseln sind: wenige
lohnende Jobs am einen Ende der Skala und am anderen die schlechten
Massenberufe mit den schlechten Masseneinkommen.
Es mag also
mancher an seine Strapazen denken, an seinen Verschleiß durch die Arbeit, wenn
er hört, dass „Leistung sich lohnen“
soll, aber dann täuscht er sich. Die hierarchische Ordnung der
marktwirtschaftlichen Berufswelt, dieses System, wonach Bequemlichkeit und
Freiheit der Betätigung mit Einkommenssteigerung zusammenfallen, widerlegt eine
solches „Leistungsdenken“. Bei ihm
bleibt daher auch kein Anhänger des „Leistungsgedankens“
stehen.
Fähigkeit
Es gibt eine Art und
Weise von diesem Argument - das Einkommen, das einer verdient, hat etwas mit
der Leistung zu tun, die er bringen muss - Abstand zu nehmen, ohne es fallen zu
lassen, indem man ein ergänzendes Argument zu Hilfe nimmt. Die Vorstellung ist
die, mit den Euros, die der eine mehr und der andere weniger verdient, würden
die Fähigkeiten honoriert, die bei der Erledigung eines Jobs zum Einsatz
gelangen.
Genau besehen ist
das ein glattes Dementi der Leistungsvorstellung, denn man sagt, es gibt sie
gar nicht, die eine „Leistung“, von
der der eine in seinem Beruf quantitativ mehr, der andere quantitativ weniger
erbringt und nach deren Maß das Einkommen bemessen wäre. Mit dem Argument, im
einen Fall braucht man Fähigkeiten, die man im anderen Fall nicht braucht, sagt
man ja in Wahrheit, dass die verschiedenen Tätigkeiten sich
Der Hinweis auf die
erforderlichen Fähigkeiten ist selbst gar nicht zu bestreiten, hier bildet er
aber den Auftakt zu einem neuen Fehler. Das merkt man daran, dass man das
Argument mit der Fähigkeit auch in umgekehrter Richtung verwenden kann.
Es ist nämlich
nicht ausgemacht, ob einer der Parlamentarier in der Lage ist, sprich die
Fähigkeit hat, die Arbeit eines Menschen am Montageband zu verrichten. Es ist
noch nicht einmal ausgemacht, ob der aus dem Parlament in der Lage ist, seine
Gliedmaßen derart zu bewegen, wie es der Ablauf der Arbeit erfordert. Die
Gliedmaßen entsprechend bewegen, und das eine Schicht lang unter gar nicht
gemütlichen Bedingungen, das setzt Geschick, Kraft, Schmerzunempfindlichkeit
und andere Fähigkeiten voraus, die kaum einer hat, der das nicht täglich zu
erbringen hat.
Umgekehrt mit den
besser bezahlten Fähigkeiten. Da sieht es da oft schon etwas anders aus: Nehmen
wir z.B. die Staatsfunktionäre oder Fußballtrainer. Stammtischgespräche von
vielen lohnabhängigen Bürgern im Land weisen darauf hin, dass die sich auf die
politische Sprücheklopferei, auf die Analyse dessen, was sich in der Nation und
für sie gehört, auch nicht schlechter verstehen als die Politiker. Man hört im
Streit um neue Steuern an den Stammtischen durchaus dieselben Argumente
darüber, was nottut, was fällig ist, wie diejenigen, die im Parlament fallen.
Noch ein anderes
Extrem. Fußballtrainer verdienen sehr viel. Man weiß, die müssen immer ihre
Mannschaft motivieren. Und man kann von durchaus nicht gelernten
Fußballtrainern Rezepte hören, die einfach von Fachkunde nur so strotzen.
Das erste Argument
lautet – das Einkommen hat etwas mit Leistung zu tun. Das Zweite: Vielleicht
hat es was mit der Fertigkeit, der Fähigkeit, mit dem was einer kann, zu tun. Auch
das zweite Argument macht sich an jedem Beispiel, an jedem Fall lächerlich. Es
mag ja sein, dass nicht jeder jeden Beruf ausfüllen könnte. Das gilt aber
gleichermaßen für die „höhere“ als
auch die „niedere“ Sphäre der
Berufswelt. Im Wesentlichen handelt es sich in beiden Fällen um Gewohnheiten:
dass man sich auskennt und Routine entwickelt.
In jenen vielbewunderten
Berufen, in denen besondere – intellektuell oder andere – Kunstfertigkeiten
verlangt sind, also bei Chirurgen, Dichtern und Denkern, Ministern,
Nobelpreisträgern usw. ist das überhaupt nicht anders. Die dauernde Befassung mit
immer demselben beruflichen Stoff macht den Könner - eben deshalb ist auch in
diesen höheren Sphären niemand unersetzlich, am wenigstens die, von denen nach
ihrem Tod behauptet wird, an ihren Todesfällen gehen Staat, Marktwirtschaft,
Wissenschaft und Kulturleben zugrunde. Es verhält sich da gar nicht anders als
in den niederen Sphären der Berufswelt, wo auch der Job für Könnertum in der
Kunst des Aus- und Durchhaltens sorgt – sowie für einen entsprechenden Abbau
unbenutzter, insofern überflüssiger Fähigkeiten, nicht zuletzt des Kopfes.
Die ganze
angebliche Hierarchie beruflicher Fähigkeiten, die doch die Berufs- und
Einkommenshierarchie begründen soll, löst sich so in die Banalität auf, dass
unterschiedliche Berufe unterschiedliche Fähigkeiten verlangen. Dass die einen
Fähigkeiten „höher“ sind als die
anderen, liegt gar nicht an ihnen, sondern schlicht daran, dass sie zu den
besseren Berufen gehören, also angenehmer zu betätigen sind und mehr Einkommen
einspielen.
*
Daran, dass die
Einkommensunterschiede sich an den speziellen Befähigungen zu den
unterschiedlichen Tätigkeiten festmachen, wird einerseits gern geglaubt.
Einerseits.
Andererseits aber
auch wieder nicht. Es weiß fast jeder, schon in der Schule, später sowieso,
dass das, was man lernt, die Fähigkeiten, die man sich in der Ausbildung
aneignet, auf dem Weg hin zu seinem Beruf, Abteilungen aufweist, die später im
Beruf gar nicht gefragt sind, also als Fähigkeit überhaupt nicht geeignet sind,
ein höheres Einkommen einzuspielen. Dann sind es aber auch nie und nimmer die
Fähigkeiten, die einer hat oder erwirbt, die das höhere Einkommen begründen,
wie das Argument von der Fähigkeit als Einkommensunterschiede begründend
behauptet.
Es gab eine Zeit,
da waren Informatiker ein Mangelberuf. Entsprechend gut war das Einkommen in
diesem Bereich. Dann gab es eine Internetblase und die Nachfrage nach
Informatikern ist rapide gesunken. Die Leute hatten nach wie vor dieselben Fähigkeiten
und Kenntnisse. Genutzt hat es ihnen freilich nichts.
Ein anderes
Beispiel sind die Studenten, die Taxi fahren. Werden sie als Akademiker
bezahlt?
Ausbildung
Wenn es die
Leistung nicht ist und auch nicht die Fähigkeit, was ist es dann? Es gibt ein
drittes Argument, und das geht so: Muss man für die höheren beruflichen
Fertigkeiten nicht mehr lernen als für die schlechten Jobs? Gelangt denn nicht
in den besseren Berufen eine längere Ausbildung zur Anwendung, die erst einmal
erfolgreich absolviert sein will? Und muss die denn nicht im späteren
Berufsleben entsprechend honoriert werden?
Eigentlich weiß es
doch jeder: Angeeignetes Wissen und erlernte Fähigkeiten für sich genommen
zahlen sich überhaupt nicht aus. Worauf es ankommt, ist das zahlungsfähige
Interesse an der Betätigung studierter Köpfe und speziell geschulter Gliedmaße
– also schlicht die Zahl der zu besetzenden Stellen. Die entscheidet darüber,
ob die „Investition“ in eine
Ausbildung überhaupt für ein Einkommen gut gewesen ist oder gleich als nächstes
eine Umschulung ansteht.
Unbestreitbar ist
etwas Anderes: Eine Karriere hin zu den besser bezahlten Jobs geht in der Regel
ohne bestandene Prüfungen gar nicht erst los. Misserfolge in der Schule stellen
die Weichen für eine Karriere nach unten, in die Hilfsarbeiter-Berufe; halbe
Erfolge eröffnen die kurze Laufbahn, hinein in die mittleren Dienstränge. Um an
die Spitze zu gelangen, müssen immer wieder mal Testfragen richtig beantwortet
werden, jedenfalls richtiger als von Mitbewerbern. Das heißt allerdings noch
lange nicht, dass ein staatlich geprüftes Wissen und durch ein Zeugnis
beglaubigtes Können die Sache wären, die dann später gewissermaßen in Geld umgerechnet
und mit einem höheren Einkommen sachgerecht honoriert würden.
Es geht um nicht
mehr und nicht weniger als darum, vorgeschriebene Karrierebedingungen zur
erfüllen; Ansprüchen zu genügen, mit denen ein übergeordnetes, fremdes
Interesse eine Rangfolge unter Karriereanwärtern herstellt; mehr oder weniger
tauglich befunden zu werden für den Einstieg in eine Berufshierarchie, die es
schon gibt, und zwar nach „Eingangsvoraussetzungen“,
die noch nicht einmal so übermäßig viel mit dem später auszuübenden Beruf zu
tun haben müssen.
Verantwortung
Ein anderes
Argument lautet: Viel verdient wird da, wo eine Funktion mit großer
Verantwortung verbunden ist, wo an der sachgerechten Ausübung der Tätigkeit
viel für die Allgemeinheit hängt.
Auch dieses
Kriterium ist als roter Faden der Berufshierarchie unbrauchbar. Der Busfahrer, der
Pilot, die Kindergärtnerin die Krankenschwester und der Arzt: Nach allgemeinem
Dafürhalten tragen alle diese Berufe hohe Verantwortung für Andere – für die
Verkehrssicherheit die Einen, die Anderen für die Bildung der Kinder und die
Dritten für die Gesundheit der Patienten. Also wird die schlechte Bezahlung der
Busfahrer und Krankenschwestern im Vergleich zum Arzt oder Piloten wohl nicht
an der Bedeutungslosigkeit ihrer Aufgabe liegen.
Konkurrenztüchtigkeit
Man kann sich
diesen Umstand auch folgendermaßen zu Recht legen, und damit kommen wir zu
einem weiteren Argument: Es heißt, ja es mag sein, dass nicht viel dazu gehört,
dieses oder jenes Amt auszufüllen, es mag sein, dass es nicht ganz hinhaut,
dass es eine besondere Befähigung und Leistung ist, dort seinen Mann zu stehen,
wo gut bezahlt wird. Aber ist es nicht auch eine Fähigkeit, im Ausleseprozess
durch Schule und Prüfungen hindurch Erfolg zu haben? Ist es nicht auch eine
Leistung, und zwar die entscheidende, eine Karriere hinzukriegen? Spricht das
Ergebnis nicht für die wichtigste Tüchtigkeit eines Menschen, nämlich seine
Erfolgstüchtigkeit.
Nein, tut es
nicht. Das wissen gerade die im Grunde am besten, die einige Klippen der
Auslese erfolgreich überwunden haben. Vor den angestrebten Prüfungen haben sie
nämlich Angst, auch wenn sie brav gelernt und sich vorbereitet haben, und das
mit gutem Grund. Denn jedem ist klar, wie sehr es in der Prüfung auf die
Gaußsche Normalverteilung, sprich auf die eigene Leistung im Vergleich zur
Leistung der Mitbewerber, und deswegen auf jede Menge Unwägbarkeiten ankommt.
Nach bestandener
Prüfung verwandeln sich die eingeschüchterten Nervenbündel, die
Beruhigungstabletten schlucken, um an der richtigen Stelle 17 + 4
zusammenzählen zu können, in selbstsichere Erfolgsmenschen, die gern Anekdoten
darüber erzählen, wie locker sie ihr Examen geschafft haben.
Prüfungen sind auch
gar nicht dazu da, einen klugen Kopf zu würdigen. Ihr Zweck ist Auslese. Die
prüfende Instanz wählt nach ihren Gesichtspunkten zwischen den Bewerbern aus,
sortiert sie in eine Rangfolge. Die Leistung der Kandidaten besteht darin, sich
diesen vorgegebenen Auswahlkriterien nach besten Kräften anzupassen. Die
prüfende Instanz fällt dann nach ihrem Bedarf und ihren Gesichtspunkten die
Entscheidung über die in der Konkurrenz erbrachten Anpassungsleistungen.
Studenten, die sich,
solange sie studieren, wie Kinder aufführen, vor Prüfungen die Nerven
wegschmeißen und zitternd in die Prüfung gehen und kaum sind sie aus der Uni
draußen und haben das Glück gehabt, einen Beruf zu kriegen, kaum sind sie in
Amt und Würden, spielen sie sich auf, wie es eben welche tun, die felsenfest
davon überzeugt sind, dass sie ganz zurecht dort stehen, wo sie stehen – etwas
weiter oben in der Hierarchie. Es wäre ihr Verdienst.
Im Nachhinein baut
jeder Konkurrenzerfolg den Menschen zum „Erfolgstyp“
auf. Wem selber eine Karriere gelingt, der ist selber nur allzu geneigt, die
Auswahl, die andere zwischen ihm und seinen Mitbewerbern getroffen haben, als
seine höchstpersönliche Glanzleistung und als Würdigung seiner inneren Werte
anzusehen.
Auch die Umwelt
teilt das verkehrte Prinzip dieser Sichtweise, hält Erfolg und Misserfolg in
der Konkurrenz von Karrieristen nicht für eben diesen, sondern für ein
Charaktermerkmal.
Am Ende glauben
alle Beteiligten noch an den logischen Zirkel, die besseren Positionen samt
schönem Einkommen in der Gesellschaft und die dazugehörigen schönen Einkommen
wären durch das bestens begründet, was einer anstellen muss, vor allem mit
sich, um an diesen Posten heranzukommen.
Es hilft bloß
nichts: Damit, dass man denen, die eine Karriere gemacht haben, zu ihrem Erfolg
gratuliert, sind die Karrierestufen, die Staat und Marktwirtschaft
bereithalten, noch kein bisschen erklärt; und auch nicht dadurch, dass die
Erfolgreichen sich gerne gratulieren lassen, so als wäre die
Einkommenshierarchie und ihre Spitzenstellung darin ihr persönliches Verdienst.
Man kann es sich
natürlich bequem machen und von vornherein nur das als berufliche Leistung und
Fähigkeit ansehen, dass einer Karriere macht; dann ist notwendigerweise „Leistung“, was sich in der
kapitalistischen Berufswelt lohnt. Aber dann soll man doch gleich sagen, dass
man sich den albernen Glauben nicht nehmen lassen will, wonach einer, der viel
Geld verdient, es schon verdient haben wird!
*
Worüber die ganzen
Überlegungen, die das A und O von Gerechtigkeitsabwägungen sind, Auskunft
geben, ist die fixe Überzeugung der Leute, es gibt einen Maßstab. Die Scheidung
in besser und schlechter Verdienende findet nach gewissen Prinzipien statt und
das ist prinzipiell gut. Sie tun es leider bloß nicht immer ganz genau und gerecht.
Die Frage, warum
gibt es denn eigentlich für die unterschiedlichen Tätigkeiten unterschiedlich
viel, für die einen mehr, für die anderen weniger, die beantwortet das alles
nicht. Das ganze Gerede von Leistung, Qualifikation, Ausbildung, Konkurrenzfähigkeit
in der Karriere ist darauf keine Antwort, sondern es handelt sich in Wahrheit
um eine Rechtfertigung der vorfindlichen Unterschiede in Sachen Einkommen.
Alle behandelten
Fassungen des Gedankens, dass die Leistung das Einkommen der Leute bestimmt,
sind als Erklärung der Einkommenshierarchie nicht nur haltlos und sachfremd.
Sie sind auch – und das ist ein weiteres sehr grundsätzliches Argument - sehr
parteilich in der Frage, was es
überhaupt an den Einkommen der Leute zu kritisieren gibt. Denn egal, ob man die
gültige Hierarchie der Einkommen eher für in Ordnung befindet oder in ihr
lauter Ungerechtigkeiten entdeckt. Fest steht damit der Gesichtspunkt, unter
dem in den Blickpunkt kommt, was Leute so verdienen. Wer sich fragt, ob das
Einkommen von jemandem zu seiner Leistung „passt“, der misst die Einkommen nicht daran,
was sie als Lebensmittel für die Leute taugen, die davon leben müssen.
Bedürfnisbefriedigung als Maßstab für das Einkommen ist nicht – oder jedenfalls
nicht mehr - das Thema und der Kritikgrund, wenn danach gefragt wird, ob das
Maß „Leistung“ beim Bezahlen auch
ordentlich eingehalten wird.
Teil
II - die marktwirtschaftliche Berufswelt
Im ersten Teil
sollte gezeigt worden sein, dass, es keinen Fall gibt, wo Leistung und Fähigkeit
die Höhe des Einkommens bestimmen. Wenn das aber nicht der Grund der
Einkommensunterschiede ist, stellt sich die Frage, was dann?
Darum soll es
jetzt im zweiten Teil an Hand von ein paar ausgewählten Beispielen gehen: Wonach
bestimmt sich denn eigentlich wirklich das Einkommen?
*
Dazu folgende
Vorabbemerkung: Die disparaten Tätigkeiten, mit denen man hierzulande Geld
verdienen kann, haben eines gemeinsam: Es handelt sich bei ihnen um
Erwerbsarbeiten - sie werden also mit dem Zweck und dem Ergebnis verrichtet,
Geld zu verdienen. In dieser Gemeinsamkeit ist gerade davon abgesehen, was man
für das Geld zu tun hat; wofür man es also bekommt. Der sachliche Inhalt der
jeweiligen Tätigkeit kommt in dieser Gemeinsamkeit einfach nicht vor. Das ist
das erste Auffällige.
Das Zweite: Unter
den Berufen hat sich aber eine bemerkenswerte andere Unterscheidung
eingebürgert, die jedem geläufig ist. Da gibt es nämlich einen Beruf, der hat
mit einem speziellen Gewerbe oder Handwerk nichts mehr zu tun. Es gibt im
Unterschied zu den vielfachen Berufsbezeichnungen, zu den Gliederungen die es
so gibt: Drucker, Französischlehrer, Pfarrer, Schlosser, Maschinenschlosser,
usw., lauter Berufe, die aufgelistet und aufgegliedert sind und manchmal unselbstständig
heißen, Berufe, die selbstständig heißen. Den Hauptvertreter dieses Berufes
kennt jeder, es ist der Unternehmer.
Damit soll auf
einen Umstand hingewiesen werden: Ganz getrennt von der Frage, wie viel einer
mit seiner Tätigkeit verdient, gibt es an diesen Tätigkeiten einen qualitativen
Unterschied: Die einen haben Geldmittel und arbeiten, um diese Mittel Ertrag
bringend einzusetzen. Die anderen haben in ihrer Arbeit, also in sich selbst
als Arbeitsvermögen das einzige Mittel, ein Einkommen zu erzielen, brauchen
also einen Arbeitgeber, damit daraus ein Einkommen wird. Einkommensunterschiede
gibt es in beiden Abteilungen zuhauf. Diese ändern aber nichts daran, dass das
Mittel des Verdienens jeweils an anderes ist.
Sicher, auch der
Unternehmer ist tätig. Er entwickelt Initiative und Innovationen, er beobachtet
den Markt, er telefoniert, er macht Termine, schließt Verträge ab und fällt
weitreichende Entscheidungen – das ist seine unternehmerische Tätigkeit. Und
dass die ihm allerhand Einsatz und Stress verursacht, wird schon so sein. Aber
durch diese Tätigkeiten wird man nicht Unternehmer.
Diese Tätigkeiten
unterscheiden sich von manchen Tätigkeiten in anderen „unselbständigen“ Berufen teilweise gar nicht groß – sind dem
ähnlich, was etwa eine Sekretärin, ein Prokurist oder „Manager“ macht. Zum Unternehmer werden weder Sekretärin, noch Prokurist
oder Manager dadurch, dass sie etwas Vergleichbares tun. Anders gesagt:
Unternehmer ist kein Beruf, den man – ausgestattet mit entsprechenden
Kenntnissen und Bildungszertifikaten – ergreifen, um den man sich bewerben
könnte.
Um Geschäftsmann
zu werden, braucht man vor allem Geldmittel, um zu investieren. Egal woher man
die hat – geerbt oder bei der Bank geliehen oder ob man sonst wie an Geld
gekommen ist – wer kein Startkapital hat, der mag in geschäftlichen Dingen ein noch
so findiger Kerl sein, als Geschäftsmann, als Unternehmer kann er nicht
antreten. Die Unternehmertätigkeit geht nur und sie beruht darauf, dass der
Mann außer seiner Arbeit, seiner Initiative und seiner Entschlusskraft noch was
Anderes hat: verfügbares Eigentum. Nur durch Eigentum kann er seine unternehmerische
Tätigkeit überhaupt ausüben. Und was der Betrieb einem Unternehmer dann
abwirft, entscheidet sich, soviel sei vorweggenommen, auch an anderen Fragen
als dem Arbeitsaufwand, den er dafür treibt. Womit Unternehmer auch ihr Geld
verdienen mögen – ihre Leistung ist es ganz sicherlich nicht.
Bevor auf die
Einkommen und ihre Quellen eingegangen werden soll, ist es wichtig, sich den
wesentlichen Unterschied von selbstständiger bzw. unselbstständiger
klarzumachen. Es sind also zwei Abteilungen abzuhandeln: Tätigkeiten, in denen
Leute ihr Eigentum zum Einsatz bringen, um Geld zu verdienen; und solche, in
denen der Einsatz der eigenen Person zur Geldquelle wird.
I. Die Unternehmerseite
1.
Der
Grundeigentümer
Der
Grundeigentümer ist jemand, der noch nicht einmal Unternehmer im Wortsinn ist.
Ein Grundeigentümer besitzt, wie der Name schon sagt, Grundeigentum. Im gehört
ein Stück Erde und das ist der erste Witz, warum der zu einem Einkommen kommt. Der
zweite Witz ist, er braucht dieses Stück Erde nicht, weder um darauf zu
arbeiten, noch um darauf zu wohnen oder für sonst eine Form der eigenen
Nutzung. Nur dann und nur deshalb kann er seinen Grundbesitz zu einer
Geldquelle machen.
Dass es ihm gehört
und er zugleich keinen Bedarf hat, dieses Trum Erde zu benützen, das ist die
ganze Grundlage dafür, dass der Mann ein Einkommen kriegt.
Man möge sich nun nochmals
die Argumente von vorhin vor Augen führen: Die Behauptung, das Einkommen habe
etwas mit Leistung oder mit Leistung und Fähigkeit oder mit Leistung, Fähigkeit
und Konkurrenztüchtigkeit, also Befähigung im Laufe des Werdegangs des Menschen
zu tun. Da wird man beim Grundeigentümer sehr schnell verzweifeln. Er besitzt
ein Stück Boden mit einem Haus drauf, der Normalfall, vielleicht auch ohne
Haus, braucht es nicht, hat also Mittel und darf deswegen von denen, die mit
seinem Eigentum an einem Trum Natur etwas anfangen können, einen Eintrittspreis
kassieren. Für die Überlassung seines Grundeigentums gibt es Geld. Er macht
damit nichts anderes als das blanke Verfügungsmonopol zu Geld: Weil ihm der
Boden nach Recht und Gesetz gehört, kann er einen Pachtvertrag machen, es
verkaufen etc. und das verschafft ihm ein Einkommen.
*
Wie hoch ist denn das
Einkommen des Grundeinkommens? Da zählen so spannende Fragen wie die Lage. Die
zählt in Abhängigkeit von dem, was die in Frage kommenden Benützer seines Trums
Erde sich für Geschäfte aus der Benützung seines Grundstücks versprechen. Wenn
sich viele zahlungskräftige Benutzer für Geschäfte an diesem Ort etwas
ausrechnen, dann kann er sein Verfügungsmonopol teuer verwerten.
Wie viel der
Grundeigentümer verdient, kann sich auch daran entscheiden, ob es von der
Gemeinde als Bauland oder Gewerbegebiet ausgewiesen ist oder zukünftig
ausgewiesen wird. Das möglichst rechtzeitig herauszubekommen, ein Grundstück zu
kaufen, bevor andere von der durch die Umwidmung zu erwarteten Wertsteigerung
Wind bekommen – solche Tätigkeiten gehören zum Berufsbild des Grundeigentümers
dazu. Wegweisende Tipps aus dem Gemeinderat oder dem Bauministerium einzuholen
oder gar mit etwas Barem geschäftsdienlichen Entscheidungen in Sachen
Bebauungsplan o.Ä. nachzuhelfen.
Was hat das alles
mit Leistung zu tun, mit Fähigkeiten, mit den Lernerfolgen des Grundeigentümers
in der Schule? Sehr wenig.
Es gibt also eine
gewisse Reihe von Leuten, die kriegen ein nicht zu knappes Einkommen daraus,
dass sie etwas haben, was sie gar nicht brauchen, dass das Ding Eigentum an
einem Stück Natur ist, dass dieses Stück Natur eine begehrte Geschäftsbedingung
für andere ist, sodass der Erste, der Grundeigentümer, mit vollem Recht darauf
bestehen kann und es auch kriegt, dass er aus diesem seinem bloßen
Eigentumstitel Einkommen bezieht.
*
Eine andere
Variante der Nutzung von Grundeigentum als Einkommensquelle ist die Vermietung.
Die betrifft die leidige Wohnungsfrage. Mit einem Grundstück und einem Haus
drauf, das man selber nicht bewohnen will, weil man woanders wohnt, das einem aber
gehört, kann man von Leuten Geld verlangen, die ein Dach über dem Kopf brauchen
und kein eigenes ihr Eigen nennen. Ein schlichter Trick, denkt man. Nein, ein
grundsätzliches Recht in dieser unserer Gesellschaft. Hier leben eine Reihe von
Leuten vom Besitz an Grundeigentum und ihr Einkommen variiert mit dem Bedarf
anderer Einkommensbezieher, - reicher und armer Leute alles durcheinander - mit
dem Bedarf und der zahlungsfähigen Nachfrage, die sie stiften können. Ein
Mietzins für die Überlassung des Eigentums, das ist Recht. Man soll nicht immer
sagen, dies wäre ungerecht. Dies ist geltendes Recht, also Recht.
Die Höhe des
Einkommens ist auch wieder nicht seine Leistung, auch wieder nicht seine
Fähigkeit. Natürlich, es gibt da durchaus Argumente, die besagen, er hat sich
rechtzeitig das Grundstück an der Stelle gekauft, wo er vermutet hat, dass in
den nächsten Jahren ein Bedarf nach Grundstücken auftritt. Fähigkeit, Leistung?
Ein schlichtes Manöver, ein schlichtes Geschick des Typs gewusst wo, sag es mir
einer, wo demnächst Grundstücke teurer sind, ob sie im Preis steigen oder
nicht; gibt es Interessenten? Das einfache Nachschauen nach der Interessenlage
derer, die mit Grundstücken was anfangen können, das ist das ganz berufliche
Geschick von solchen Leuten.
Nur selbst diese
Leistung ist gewöhnlich nicht die des schlauen Mannes, dem das Stück Boden
gehört. Wenn sie ganz Feine sind, und das sind sie sehr oft, dann überlassen
sie auch noch dieses Geschick einer ganzen Maklerbande, die das Ausspionieren
und das Spekulieren auf Wertsteigerungen, auf Pachtmöglichkeiten von
Grundstücken usw. für sie erledigen. Denen zahlen sie auch noch ein schönes
Einkommen.
Die Konjunktur um
geschäftsmäßige oder wohnraummäßige Benützung von fremdem Grundeigentum ist der
gesamte und der einzige Bestimmungsgrund dessen, wie viel einer verdient, der
Grundstücke oder ein Grundstück samt Haus hat.
Noch einmal
zusammenfassend - der Grundeigentümer. Was tut er eigentlich? Man soll nicht
sagen, nichts. Nur das, was er tut, seine Tätigkeit, ist nie und nimmer der Grund
für die Höhe der Rendite, die er erzielt. Er muss sich darum kümmern, zu
wissen, wo geht es in dieser Stadt lang, wo sind Interessenten, er muss
Konkurrenten gegeneinander ausspielen. Aber ob ihm das gelingt, ist ganz eine
Frage der Geschäftskalkulationen, die die anderen, die potentiellen oder
künftigen Benützer an sein Grundstück anlegen. Bei dieser Einkommensquelle
kürzt sich die eigene Tätigkeit als Bestimmungsgrund für das Einkommen ganz
heraus. Und dennoch oder vielleicht deswegen, das Einkommen kann sich sehen
lassen.
*
Die dritte
Abteilung Grundeigentum könnte einen in Kategorien von Gerechtigkeit denkenden Menschen
verrückt werden lassen. Die Leute heißen Bauern oder Landwirt und die vereinen
in ihrem Beruf erstens die Verfügung über Grundeigentum, was ja schon eine
Einkommensquelle ist und zwar eine rechtmäßige. Wie gezeigt, hat jemand, der
vermietet oder wer Grundstücke verkauft, damit schon ein Einkommen. Die Höhe
seines Verdienstes ist nur von den Schwankungen des Grundstücksmarktes
abhängig. Der Bauer verfügt ebenfalls über Grund und Boden. Zweitens bearbeitet
er ihn auch noch selbst. Man könnte meinen, das müsste doch ein besonders hohes
Einkommen ergeben. Zwei Einkommensquellen in einer Hand. Nichts stimmt.
Eigentum und Benutzung durch Arbeit, hier hört es sich offenbar mit dem
Schmarotzen auf. Die Früchte des bäuerlichen Eigentums sind Arbeitsprodukte.
Was sie für ein Einkommen taugen, hängt davon ab, ob sie mit anderen
Geschäftsartikeln der gleichen oder ähnlichen Art konkurrieren können. Der
Bauer muss sich mit seinem Produkt auf dem Markt bewähren, heute gleich auf
einem internationalen, einem EU- und sogar Weltmarkt. Mancher Bauer merkt, dass
das Recht, aus seinem Grundeigentum ein Einkommen zu erzielen, insbesondere
dann, wenn er es noch bearbeitet, an einem EU-Beschluss, den die in Brüssel
treffen, von einem Tag auf den anderen zu Schanden wird. Eine neue
Geschäftsbedingung, eine neue Bedingung für den Agrarmarkt, eine neue Bedingung
dafür, wann es Geld gibt und für welches Anbauprodukt, für welche Tierzucht und
schon war alle Mühe umsonst und das Eigentum auch noch unnütz. Auch hier,
himmelschreiendes Unrecht? Von wegen, schlicht und einfach, so funktioniert
diese Abteilung Einkommen aus Grundeigentum.
*
Noch einmal
zusammenfassend: Der Grundeigentümer. Was tut er eigentlich? Man sollte nicht
sagen, nichts. Nur das, was er tut, seine Tätigkeit, ist nie und nimmer der
Grund für die Höhe der Rendite, die er erzielt. Er muss sich darum kümmern, zu
wissen, wo geht es lang in dieser Stadt, wo sind Interessenten, er muss
Konkurrenten gegeneinander ausspielen. Aber ob ihm das gelingt, ist ganz eine
Frage der Geschäftskalkulationen, die die anderen, die potentiellen oder
künftigen Benützer an sein Grundstück anlegen. Bei dieser Einkommensquelle
kürzt sich die eigene Tätigkeit als Bestimmungsgrund für das Einkommen ganz
heraus. Und dennoch oder vielleicht deswegen, das Einkommen kann sich sehen
lassen.
2.
Der Arbeitgeber
Der Arbeitgeber
ist ein Mensch, dem eine Firma gehört - vielleicht mit anderen zusammen als
Aktiengesellschaft, GmbH oder in irgendeiner anderen Rechtsform - und diverse
Geschäftskonten dazu. In seiner Fabrik werden Waren dafür hergestellt, mit
ihrem Verkauf auf dem Markt mehr Geld einzuspielen, als ihre Produktion
gekostet hat. Diese Differenz ergibt den Gewinn. Der wird hauptsächlich dafür
verwendet, ihn wieder in die Firma zu stecken und damit weiteres
Geschäftswachstum zu erzielen. Auf der Grundlage, dass ihm die
Produktionsbedingungen gehören, lässt der Mann für dieses Geschäftswachstum
arbeiten, was ihm seinen schönfärberischen Namen „Arbeitgeber“ eingebracht hat. Arbeitgeber ist insofern
schönfärberisch, als man es dem Menschen nicht noch als Kompliment anrechnen
sollte, dass er die Produktionsbedingungen, die andere zum Arbeiten und
Verdienen benötigen, in seiner Hand als sein Eigentum monopolisiert hat.
Was diese Leute
verdienen, ist ein abgezweigter kleiner Teil von dem, was die Firma an
Überschuss, an Gewinn erwirtschaftet. Sie genehmigen sich ein Privateinkommen, das
sich von dem abtrennt, was ihr eigentlicher Beruf ist, nämlich Unternehmer zu
sein: Mit Kosten und Erträgen zu kalkulieren, arbeiten zu lassen.
Wieder die Frage:
Wo ist die Leistung des Arbeitgebers? Man kann – wie schon früher angedeutet - sagen,
Termine machen, telefonieren, Entscheidungen treffen, verhandeln, Verträge
schließen, klar - aber wo ist da die spezielle Berufstätigkeit? Wo ist die
Fertigkeit? Wo ist das Geschick?
Was ganz bestimmt
nicht fehlt, das darf man den Schönfärbern ausnahmsweise glauben, ist ein
gewisses Moment von Ermüdung oder auch Stress genannt. Das kommt aber nicht
daher, dass sein Beruf seiner Natur nach anstrengend oder anstrengender wäre
als der eines Schmieds. Sondern das kommt daher, dass noch die blödsinnigsten
Tätigkeiten den menschlichen Organismus und die Nerven beanspruchen.
Der
Bestimmungsgrund für sein Einkommen ist dieser „Stress“ jedenfalls nicht. Wie bereits erwähnt: All die Tätigkeiten
eines Unternehmers sind nur demjenigen für ein „selbständiges“ Einkommen gut, der das Eigentum zu diesem Gewerbe
hat. Umgekehrt kann man sich als Unternehmer beim Einsatz seines Vermögens noch
so sehr anstrengen: Wenn man in der Konkurrenz unterliegt, hat man seinen
Konkurs – und seinen Herzinfarkt dazu. Anders gesagt: Die Konkurrenz der
Unternehmer untereinander, ihre Preisschlachten und Kämpfe um Marktanteile und
deren Resultate belegen, dass ihr Einkommen nicht aus ihrer unternehmerischen
Tätigkeit kommt. Da kommt es vor allem darauf an, wer für diese Preisschlachten
genügend Kapital bzw. Kapitalgeber mobilisieren kann. Was hat das mit der
persönlichen Leistung zu tun? Nichts!
Ist eine Firma
groß genug, kann man die Tätigkeit des rastlosen Arbeitgebers bekanntlich sogar
ganz abgeben und trotzdem von seiner Fabrik leben. Man tritt diese Funktion an
einen bezahlten Manager ab.
3.
Der Manager
Wofür wird der
Manager bezahlt, was ist seine Tätigkeit? Der Manager übt einen Dienst aus, der
Funktionen des Kapitaleigners, des Unternehmers ersetzt. Er ist als aktiver
Vertreter des Eigentümerinteresses gefragt, obwohl ihm die Firma gar nicht
gehört.
Seine Arbeit
besteht darin, Entscheidungen zu fällen über die Arbeit, die andere zu machen
haben, sie zu kontrollieren und aus ihnen die Leistungen herauszuholen, die die
Eigentümer reicher macht. Er soll mit vollem Engagement den Betriebserfolg
durchsetzen. Gegenüber den Beschäftigten, über die er das betriebliche
Oberkommando ausübt, damit sie sich als Kostenfaktor für den Gewinn bezahlt
machen und gegenüber den Geschäftspartnern und Konkurrenten des Unternehmens.
Wieviel bekommt er
bezahlt? Der Manager wird am Ertrag des Unternehmens beteiligt. Diese Teilhabe
am Gewinn mag in kleineren Unternehmen gar nicht so stattlich ausfallen, bei
großen Kapitalgesellschaften verdienen Manager beachtliche Summen. Sie werden
am Profit, den sie den Eigentümern hereinholen, beteiligt. Dafür brauchen sie
nicht zu kämpfen, denn die Eigentümer wissen schon, was sie an ihnen haben. Die
Beteiligung muss sich dabei noch nicht einmal am vergangenen, schon erzielten
Erfolg orientieren; sie kann ebenso gut am zukünftigen Erfolg Maß nehmen, den
die Firma unter der Ägide des betreffenden Betriebsführers anstrebt.
Ein Konzern, der
sich einen sündhaft teuren Sanierer leistet oder einen weltweit ausgewiesenen
Spitzenmann ins Haus holt, zeigt, wo er sich in der Konkurrenz sieht und demonstriert
seine Finanzkraft. Die Bezüge der Spitzenleute repräsentieren Größe und
Erfolgsanspruch einer Kapitalgesellschaft – und sind dadurch selbst noch Mittel
ihrer Konkurrenz um Kredit und Anleger.
Entsprechend ist
das Selbstbewusstsein des Managers beschaffen: Er versteht sich als Feldherr
der Produktionsschlacht und des Kampfes um den Markt, schreibt die Erfolge, die
„sein“ Unternehmen erzielt, sich und
seiner herausragenden Persönlichkeit zu. Der frühere Chef der Deutschen Bank,
Ackermann hat dies einmal so ausgedrückt, schließlich sei er es, der „die Werte schafft“. Dieses
Selbstbewusstsein drückt aus, dass der Mann in seinem Beruf aufgeht: Nur so
kann er die für solche Typen typische Rücksichtslosigkeit und Arroganz an den
Tag legen, die es braucht, um aus schlaffem Untergebenenmaterial eine
schlagkräftige Markteroberungstruppe zu schmieden.
Worin besteht der
Fehler der ganzen Vergleiche zwischen Managergehältern und Gehältern von
Arbeitnehmern, die insbesondere seit der Finanzkrise en vogue geworden sind? Man
unterstellt eine Gemeinsamkeit zwischen dem „kleinen Gehaltsempfänger“ und dem „Topmanager“ die darin bestehen soll, dass beide – zwar
unterschiedlich hoch, aber dennoch – bezahlt werden und zwar für ihre Leistung
für das Unternehmen, in dem sie beschäftigt werden. Und weiters darauf, dass
die Bezahlung in beiden Fällen ein gerechtes Äquivalent für die erbrachte
Leistung sein müsste: Weder gibt es aber einen Zusammenhang von Lohn und
Leistung, noch lassen sich Manager und Arbeiter darüber vergleichen, dass beide
bezahlt werden. Sie werden nämlich für ganz unterschiedliche Dienste bezahlt. Der
Manager wird dafür bezahlt maximale Leistung – maximalen Gewinn - aus der
Belegschaft herauszuholen. Die Leistung, für die der Arbeiter bezahlt wird besteht
spiegelbildlich darin, diese unbezahlte Leistung abzuliefern.
*
Schon bei
oberflächlicher Betrachtung der diversen unternehmerischen Tätigkeiten wird so viel
klar: Die diversen Tätigkeiten, denen diese Figuren zwecks Gelderwerbs
nachgehen, sind eine Sache; wieviel Geld sie damit verdienen, eine ganz andere;
ein quantitativer Zusammenhang ist vorn und hinten nicht zu entdecken. Diese
Summe hat mit allerlei - ebenfalls ziemlich disparaten - Umständen zu tun, mit
denen diese Figuren umzugehen haben, wenn sie ihr Eigentum als Geldquelle
nutzen; mit einem aber ganz gewiss nicht: Mit der - wie auch immer bestimmten
Leistung, die sie dabei erbringen.
II. Die Welt der
abhängig Beschäftigten
Der wesentlich
größere Teil der Erwerbstätigen, bei denen arbeiten nicht Geschäfte tätigen
heißt – bilden die abhängig Beschäftigte oder auch Arbeitnehmer genannt. Da
wieder zuerst denjenigen, die Staatsfunktionen verrichten, den Staatsdiener.
1.
Die Staatsdiener
Da sind zunächst
jene, die Staatsfunktionen – Hoheitsaufgaben - verrichten. Gemeint sind also
Politiker, Richter, öffentlich Angestellte - alle Beamten des einfachen bis zum
höheren Dienst, die in den verschiedenen Ministerien, Behörden, Ämtern in
Berufen als Polizist, Lehrer, Steuerfahnder, Betriebsprüfer,
Gewerbeaufsichtsbeamter oder auch Abgeordneter arbeiten.
Für alle Ränge der
Staatsbediensteten gilt: Sie werden für die Erledigung der diversen Tätigkeiten
bezahlt und wie in der Privatwirtschaft gibt es auch hier sehr unterschiedlich
- gut und schlecht - bezahlte Stellen.
Eines
unterscheidet den „öffentlichen Dienst“
allerdings von der Privatwirtschaft: Hier gibt es für einen Teil der staatlich
Beschäftigten - der Tendenz nach für immer weniger Leute, dazu später mehr -
einen Sonderstatus, der sich in der Art der Beschäftigung und Bezahlung von dem
der „abhängig Beschäftigten“ in der
Privatwirtschaft unterscheidet. Die Rede ist von der Pragmatisierung der Beamten.
Die Sonderrechte
der Beamten sind bekannt: ein garantiertes Einkommen, Unkündbarkeit, eine
vorgezeichnete Laufbahn mit ansteigendem Einkommen. Sein Gehalt ist dem Beamten
sicher, auch wenn weniger Arbeit anfällt oder eine Abteilung geschlossen wird.
Hier gelten Maßstäbe wie Versorgung und Sicherheit, die man in der
Privatwirtschaft vergeblich sucht. Ein
Beamter ist – selbst wenn er zum niederen Beamtentum zählt – abgesichert gegenüber
den Wechselfällen des üblichen Arbeitslebens.
Statt diesen „Sonderrechten“ zu entnehmen, wie es
ansonsten auf dem Arbeitsmarkt zugeht, wovor sich jeder „normale Arbeitnehmer“ als selbstverständliches Charakteristikum
seines Arbeitslebens fürchten muss und das zu kritisieren, ist sich die
Volksmeinung - angeleitet durch die demokratische Öffentlichkeit - sicher, dass
es sich bei den Sonderrechten der Beamten um nicht mehr hinnehmbare „Privilegien“ handelt. Ins Recht gesetzt
sieht sich diese Volksmeinung insbesondere seit die österreichische Politik den
Beamtenstatus mit Pragmatisierungsstopp, Besoldungsreformen für den
öffentlichen Dienst, mit dem Problematisieren bzw. Abschaffen des Beamtenstatus
in den mittlerweile privatisierten ehemaligen Staatsbetrieben Post und Telekom
Austria ebenso zum Dauerthema macht, wie die Kosten der Staatsdiener.
Vom tatsächlichen
Grund der Sonderrechte und der tatsächlichen Einkommensquelle der Beamten will
diese Betrachtungsweise nichts wissen. Das soll im Folgenden beleuchtet werden.
Die Einkommensquelle bei Beamten ist nicht wie bei der schon abgehandelten
Gruppe der Grundstückseigentümer, Unternehmer die Handhabung von Eigentum,
sondern schlicht und einfach das Bedürfnis des Staates, sie zu bestechen. Was
ist damit gemeint?
Wofür bezahlt der
Staat seine Beamten? Beamte erbringen in ihren Berufen die unterschiedlichsten
Leistungen, so mancher Lehrer hat einen nervenaufreibenden Job und mancher
schiebt im Rathaus eine ruhige Kugel – oder auch nicht. Davon ist in der
Besoldungsordnung für Beamte nicht die Rede. Da geht es zunächst um ein
besonderes Beschäftigungsverhältnis. Worin besteht es?
Beamte werden in
ein Amt berufen. Mit seiner Ernennung zum Amtsträger geht der Beamte ein Dienst-
und Treueverhältnis gegenüber seinem Dienstherrn ein. Der Beamte verpflichtet
sich, sein Amt gewissenhaft, gerecht, uneigennützig, unparteiisch und zum Wohl
der Allgemeinheit zu erfüllen. Diese Treue gelobt der Beamte seinem Dienstherrn
ausdrücklich mit seinem Amtseid. Der Dienstgeber Staat geht davon offenbar
davon aus, dass dieser Beruf eine besondere Charakterfestigkeit erfordert.
Der Dienstherr
namens Staat weiß, warum er seinen „Staatsdienern“
diese Charakterfestigkeit abverlangt. Die brauchen sie wegen der besonderen
Aufgaben, die sie zu erledigen haben. Der Beamte nimmt die mit seinem Amt
verbundenen und in Verfassung, Gesetzen und Verordnungen niedergelegten
Hoheitsaufgaben wahr und exekutiert in seinem Zuständigkeitsbereich
Erfordernisse des Allgemeinwohls gegenüber den Bürgern. Dazu trifft er
Ermessensentscheidungen, die den allgemeinwohldienlichen Sinn des Gesetzes
konkretisieren. Damit entscheidet er, was welchem Bürger zusteht, was er darf
und was nicht.
Das ist einerseits
ein Job, der wie jeder andere zum privaten Gelderwerb ergriffen wird. Dass das
zugleich kein Job wie jeder andere auch ist, wissen alle Beteiligten:
Ausgestattet mit einem Stück politischer Macht setzt der Beamte gute oder
schlechte Bedingungen für die verschiedenen Einkommensquellen und Anliegen der
Bürger, setzt das eine private Interesse als Allgemeinwohl-dienlich ins Recht
und das andere ins Unrecht. Je nach Amtsaufgabe weist der eine Amtsträger
Bauland und Gewerbegebiete aus – macht deren Grundeigentümer vielleicht zu Millionären
– entscheidet der andere, wer Windräder und Stromtrassen vor seine Nase
gestellt bekommt, vergibt der dritte Subventionen oder legt die Höhe der Strafe
für eine Steuerhinterziehung fest; er trifft Ermessensentscheidungen über die
Höhe der Sozialhilfe usw.
So mancher Bürger
entwickelt daher das Bedürfnis, seinem Interesse mit einer entsprechenden
Geldzahlung beim Beamten Gehör zu verschaffen. Damit der Amtsträger, der
schließlich auch sein eigenes, privates Erwerbsinteresse hat, solchen in seiner
Funktion liegenden Anfechtungen nicht erliegt, macht ihm sein Arbeitgeber
seinerseits eine Art Bestechungsangebot: Als Gegenleistung für eine
Amtsführung, die nur dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, nimmt er ihm die
Risiken der bürgerlichen Existenz eines abhängig Beschäftigten ab, sichert
seine wirtschaftliche Unabhängigkeit, damit er sich in seinem Beruf voll und
ganz auf seine Amtspflichten konzentrieren kann, sich also nicht bestechen
lässt.
Selbiges gilt im Übrigen
auch für die Bezüge der Berufspolitiker – vom Parlamentarier bis zum
Bundeskanzler und Bundespräsidenten. Auch wenn Abgeordnete ihre Bezüge mit dem
Verweis auf ihre vielen Termine und ihre lange Arbeitswoche verteidigen, für
diese Anstrengungen werden sie nicht bezahlt. Sie machen die Gesetze, an die
sich die Bürger halten müssen; Gesetze, die das eine Interesse ins Recht
setzen, das andere ins Unrecht. Das macht sie in ganz besonderen Maß
interessant für Bestechung. Auch für die Abgeordneten gilt aber, sie sollen
keinem Sonderinteresse zu Diensten sein, sondern einzig und allein ihrem
staatspolitischem Gewissen folgen. Die Bezüge und Diäten, die ihnen zustehen,
sollen ihre „Unabhängigkeit“ sichern
also verhindern, dass sie der Versuchung der Korruption erliegen.
Da dies trotzdem
nicht ausbleibt – der Gesetzgeber ist da Realist - ergänzt er die besondere
materielle Ausstattung seiner Amtsträger um entsprechende Kontrollmaßnahmen.
Deshalb sorgt er zum einen mit einer gesetzlichen Regelung des Lobbyismus für
die erforderliche Transparenz. Zum anderen schafft er eigene
Antikorruptionsbeauftragte. Zur Abschreckung wird außerdem Bestechlichkeit -
noch unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz - als Dienstvergehen
geahndet, das je nach Schwere zum Verlust des Beamtenstatus führen kann.
Der staatliche
Arbeitgeber sorgt nicht für alle seine Bediensteten auf gleichem Niveau. Es
gibt eine Beamtenhierarchie mit unterschiedlichen Einkommen. Wie viel an Gehalt
der Staat dann auf welcher Hierarchieebene für angesagt hält, das unterliegt
politischem Ermessen, auch mit Blick auf die Durchschnittseinkommen
vergleichbarer gesellschaftlicher Positionen in der Privatwirtschaft. Da tun es
in den unteren Rängen dann auch recht mickrige Gehälter. Je weniger Macht eine
Beamtenfunktion auf sich konzentriert, je näher sie - wie etwa beispielsweise
bei einfachen Verwaltungskräften - ganz gewöhnlichen Jobs abhängig
Beschäftigter nahekommt, desto mehr schmilzt die Differenz im Einkommen dahin.
Insgesamt achtet der Staat darauf, dass ihn die Leute nicht zu viel kosten, den
Staatshaushalt nicht mehr als notwendig belasten. Angesichts der unsicheren
Arbeitsverhältnisse in der Wirtschaft muss hier der sichere Beamtenstatus als
hinreichendes Privileg für eine ordnungsgemäße Pflichterfüllung reichen.
Ebenso wie die
Höhe des Salärs liegt auch die Entscheidung, welche Funktionen überhaupt einen
Beamtenstatus erforderlich machen, im politischen Ermessen. So manche
Beamtenpositionen sind im Lauf der letzten Jahrzehnte entfallen - wenn auch
nicht ihre Aufgaben. So sieht sich in den Lehrerzimmern mittlerweile eine immer
geringer werdende Zahl pragmatisierter Lehrkräfte einer entsprechend größer
werdenden Zahl an Lehrkräften mit befristetem oder auch unbefristetem
Dienstvertrag gegenüber. Ein weiteres Beispiel für solche politischen Konjunkturen
und haushälterischen Gesichtspunkte sind Post und Telekom Austria AG. Seit
ihrer Privatisierung entfällt bei Neuanstellungen der Beamtenstatus für ganze
Berufszweige; die gleichen Arbeiten werden nun von Lohnarbeitern in den bekannten
unsicheren Arbeitsverhältnissen verrichtet. Bei der Post heißt das, dass Pakete
nicht mehr von beamteten Paketzustellern, sondern privaten Frächtern zugestellt
werden. Die noch vorhandenen, unkündbaren Postbeamten werden in „Karriere- und Entwicklungscentern“ der
österreichischen Post, wie man den österreichischen Medien entnehmen kann,
solange gemobbt, bis sie freiwillig aus dem Unternehmen flüchten.
*
Die Universalität
des Gerechtigkeitsgesichtspunktes - dass das Einkommen, das was an Geld
verdient wird, sich wenn schon nicht wirklich so doch zumindest eigentlich aus
der Leistung des Einkommensbeziehers ergeben müsste, taugt - wie schon bei den
Grundstückseignern und den Geschäftsleuten auch beim Beamtenwesen nichts. Die
Leistung des Beamten im Sinne - wie sehr strengt er sich an, wie sehr
verausgabt er sich, was bringt er an Fähigkeiten mit, usw. - ist auch beim ihm
nicht der Grund seines Einkommens. Dafür wird er nicht bezahlt. Auch beim
Beamten gilt, ob er viel oder wenig arbeitet, viel oder wenig Stress ausgesetzt
ist, ist nicht seine freie Entscheidung. Es gibt bei den Beamten Berufe, die
haben was von Gemütlichkeit an sich, es gibt aber auch Berufe, die haben den
Charakter einer gewaltigen Nervenbelastung oder Tretmühle an sich. Auf alle
Fälle ist auch hier kein Gleichklang von Anstrengung und Entlohnung
festzustellen.
Eines steht mit
Sicherheit fest - auch wenn der Wiener Bürgermeister Michael Häupl es selbst
vielleicht wirklich anders sieht - gemeint ist sein Sager im heurigen Jahr
anlässlich der Debatte über eine Erhöhung der Lehrerarbeitszeit: „Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite,
bin ich Dienstagmittag fertig. Dann kann ich heimgehen.“ - ein Lehrer mit
22 Wochenstunden Unterricht, Korrekturen, Unterrichtsvorbereitung,
Lehrerkonferenzen, Elternsprechtage usw. arbeitet allemal mehr als ein
Bürgermeister oder Minister. Der verausgabt sich garantiert mehr.
Andererseits ist
aber nicht abzustreiten, dass der Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien sowie
seine Politikerkollegen – Bundeskanzler, Bundesminister usw. – ein schönes
Salär bekommen, das sich mit Garantie nicht ihrer Anstrengung oder ihrer
Fähigkeit verdankt, wenngleich natürlich nicht abgestritten sein soll, dass
auch dieser erlesene Personenkreis ab und an auch ein bisschen Hetze hat:
Politiker müssen glatt von einem Termin zum nächsten eilen, Sprüche, wie den
eben zitierten, absetzen, Kirtage und sonstige Feste besuchen, neue Bahnhöfe
eröffnen, Botschafter empfangen, Reden halten, Interviews geben, öffentlich
darum streiten, wem die Macht gebührt, sprich dauernd Wahlkampf führen. All das
kann für den einen oder anderen schon auch anstrengend sein.
Aber auch bei
Politikern gilt, ihr Einkommen ergibt sich nicht aus ihrer Tätigkeiten, was man
allein schon daran merkt, dass sie, wenn sie nicht mehr gewählt werden, draußen
sind. Dann hat der Politiker sich zwar angestrengt, genützt hat seine
Anstrengung dann aber nichts. Also war die Anstrengung auch nicht der Grund für
das Einkommen, sondern sein Erfolg, der darin besteht ins Amt zu kommen.
Eine Berufsgruppe
soll hier noch erwähnt werden, weil sie im Dauerstreit um gerechte Bezahlung
eine prominente Rolle spielt. Die Rede ist von Figuren, die nicht im engeren
Sinn im öffentlichen Dienst tätig sind, als Personen des öffentlichen Lebens
aber eine herausgehobene Rolle spielen - Sportler, Showmaster, Schauspieler.
Sie zählen zu den Spitzenverdienern im Land, die sich gelegentlich fragen
lassen müssen, ob sie sich das viele Geld auch verdienen.
2.
Wofür bekommen
Sportler ihr Geld?
Nehmen wir als
Beispiel Spitzenfußballer. Auf der Homepage www.lohnspiegel.org kann man
nachlesen, dass Spitzenfußballer wie Lionel Messi um die 260.000€ am Tag,
Bastian Schweinsteiger immerhin noch rund 76.000 € am Tag verdient.
Wofür beziehen sie
ihr Spitzengehalt? Wo ist die Quelle, die dieses hohe Einkommen erzeugt.
Zunächst einmal
füllen sie allwöchentlich riesige Stadien mit Leuten, die dafür einiges
springen lassen für gar nicht billige Eintrittskarten, Fanartikel aller Art
usw. Und sie garantieren Fernsehsendern hohe Einschaltquoten.
Und womit schaffen
die Fußballstars es, so viele Menschen in die Stadien und vor den Fernseher zu
kriegen? Weil sie schön kicken? Das tun sie manchmal sogar. Aber mit ihrem
sportlichen Wettkampf bedienen sie ein Bedürfnis anderer Art. Das Publikum, das
in seinem Alltag meist nicht von Sieg zu Sieg eilt, möchte teilhaben an den
Erfolgen einer Mannschaft, die zwar nicht die ihre ist, die sie aber zu der
ihren ernennen; und das Publikum möchte ein Gemeinschaftserlebnis haben mit
allen, die das genau so sehen. Vereint als „Rapidler“
oder „Austrianer“, genießen sie es,
sich zugehörig zu fühlen zu einer Gemeinschaft, die man im wirklichen Leben nur
schwer finden kann. So schaffen sie sich ein „Wir Rapidler“ oder „Wir Austrianer“
neben ihrem Werkeltagleben, in dem von diesem „Wir“ einfach gar nichts wahr ist. Im Namen dieses „Wir“ verehren sie ihre Stars, die ihrem
Verein und ihrer Stadt Siege erspielen.
Hat die
Nationalmannschaft ein wichtiges Spiel zu bestehen, dann interessieren sich plötzlich
alle für Fußball und sind darin geeint, unserer Mannschaft die Daumen zu
drücken. Die soll auf dem Rasen der eigenen Nation Ehre einbringen. Dann
gewinnt die Mannschaft nicht bloß ein Fußballspiel, sondern steht als
Repräsentant für den Erfolg der ganzen Nation zur Verfügung.
Diese
gemeinschaftsbildende Einstellung des Volkes wird von der Obrigkeit gern
gesehen, auch wenn sie manchmal übers Ziel hinausschießt. Der Staat hat ein
Interesse an den Spitzensportlern als sein Repräsentationsmittel für den Erfolg
der ganzen Nation, was darin zum Ausdruck kommt, dass er ihn fördert und die
Repräsentanten der politischen Macht es sich nicht nehmen lassen, die eigene
Mannschaft bei entscheidenden Spielen vor Ort gemeinsam mit ihrem Volk
anzufeuern. Auch unser Bundespräsident oder Bundeskanzler ist bei manchem
wichtigen Spiel der österreichischen Nationalmannschaft persönlich zugegen und
bedankt sich hinterher bei Trainer und Kapitän, wenn die Nationalmannschaft
gewinnt.
Und dann gibt es
noch ein Gewerbe für diese Art des Fanbedarfs und des Staatsbedarfs und das ist
schlicht und einfach der Kommerz. Das sind Geschäftsleute, Sponsoren, die die
Turniere, die Sportveranstaltungen finanzieren, die die Fußballstars für ihre Produkte
im Fernsehen werben lassen, weil sie sich darüber einen Konkurrenzerfolg für ihren
Artikel versprechen.
Ihr fürstliches
Einkommen verdienen Spitzenfußballer summa summarum mit nichts anderem als der
(lokal)patriotischen Dummheit des Volkes. Denn sonst würden nicht Millionen
durch ihre gar nicht billigen Eintrittspreise ständig das finanzieren, die
Ablösesummen für die Spieler und die Trainergehälter und die Produkte, wo die
Werbekosten mit drin sind, bloß weil ihr Unterhaltungsbedürfnis ausgerechnet
darauf geht, einen nationalen Repräsentanten einer bescheuerten Sportart
anhimmeln zu dürfen.
3.
Lohnarbeit
Kommen wir zum Beruf
der großen Mehrheit: zur Lohnarbeit. Ein Gutteil der Bevölkerung verdient sein
Einkommen durch Beschäftigung in einem privaten Handels- oder
Produktionsunternehmen, das auf Gewinn zielt. Auf der einen Seite weiß jeder,
dass die sogenannte abhängige Beschäftigung in der Einkommensskala unten steht.
Auf der anderen Seite, weiß man aber auch, dass auch dort nicht alle gleich
viel kriegen. Unterschiede in der Entlohnung, die sich an
Leistungsunterschieden und Unterschieden in der Qualifikation der Beschäftigten
festmachen, ergeben eine nicht unerhebliche Lohnspreizung.
Für sie alle gilt:
Die Einkommensquelle bei diesen gewöhnlichen Leuten ist ihre Arbeit. Diese
Arbeit vollzieht man auswärts, weil dort die in fremdem Besitz befindlichen
Geräte und Maschinen stehen.
Wie hoch ist das
Einkommen eines Arbeiters? Wo wird es entschieden? Die Antwort ist einfach. Die
von den Arbeitern verrichtete Arbeit ist – und das weiß eigentlich jeder -
Mittel des Ertrags der Unternehmen; dementsprechend auch der von den
Unternehmen gezahlte Lohn.
Alles Wesentliche
sowohl in Sachen Kritik der Verhältnisse als auch in Sachen Zurückweisung der
Argumente von Vertretern der Einkommensgerechtigkeit ist damit eigentlich schon
gesagt: Wenn die Einkommensquelle des Arbeitnehmers als Mittel des Ertrags der
Firma kalkuliert wird, und zwar sowohl nach der Seite des geforderten Einsatzes
als auch nach der Seite des Lohns, der zu verdienen ist, dann ist der
Bestimmungsgrund dieses Einkommens eines sicher nicht, das, was er zum Leben
braucht.
Die Leistung ist
in jeder Firma die bloße Bedingung fürs Einkommen. Dargestellt wird es aber
immer genau anders herum: weil einer etwas leistet, verdient er das, was er
verdient, und weil der andere etwas mehr leistet, verdient er auch mehr.
In Wahrheit verhält
es sich genau umgekehrt. Schon ob er überhaupt etwas leisten kann, liegt
nämlich gar nicht in der Entscheidungshoheit des Arbeiters, sondern hängt davon
ab, ob es den Arbeitsplatz, den er braucht, auch gibt. Das entscheidet sich
einzig danach, ob dieser Arbeitsplatz dem Unternehmen nützt.
Am klarsten und
deutlichsten merkt man das an den Arbeitslosen. Die kommen nur dann und nur zu
den Bedingungen in den Besitz ihrer Einkommensquelle, die diejenigen diktieren,
die im Besitz der Produktionsmittel sind. Nur unter der Bedingung, finden
Arbeitgeber und Arbeiter zusammen, dass sich die Arbeit für den Besitzer der
Produktionsmittel rentiert. Der Arbeiter mag sich anstrengen und leisten so
viel er will, ist diese eine, alles entscheidende Bedingung nicht erfüllt,
läuft nichts.
Das heißt aber
nicht, dass es nicht auf die Leistung ankommt, bloß eben nicht in dem Sinn,
dass die Leistung den Lohn begründet. Es verhält sich umgekehrt. Der
Arbeitnehmer kriegt einen Lohn und dass er ihn verdient, muss er durch seine
Leistung beweisen. Die Leistung, die ein Arbeiter bringen muss, ist in Form des
Arbeitsplatzes festgeschrieben und an diesen Arbeitsplatz ist der Verdienst
geknüpft, den derjenige erhält, der ihn ausfüllt. Bringt er mehr - sofern sein
Arbeitsplatz das überhaupt zulässt -, nützt ihm das gar nichts, bringt er die
geforderte Leistung nicht, fliegt er. In keinem Fall ist er der Herr der von
ihm erbrachten Leistung.
*
Jede Beanspruchung
der Leute, was sie zu tun haben, wird in Euro und Cent übersetzt. Es gibt ein
umfassendes Regelwerk der Beschaffenheit von Arbeitsplätzen nicht nur im
Hinblick darauf, wie die Maschine funktioniert, wie der Raum zu beheizen ist,
wie viel an Zugluft zumutbar ist, usw., sondern auch in Gestalt von
kollektivvertraglich festgeschriebenen Bedingungen, die festlegen wem, wann,
für welche Leistung welcher Lohn zusteht, die das Verhältnis von Leistung und
Lohn festschreiben.
Dieses Regelwerk –
besser, das Wissen, um seine Existenz - ist die ganze Grundlage der
Vorstellung, der Lohn würde sich aus dem begründen, was einer in der Fabrik
oder im Büro leistet. Daraus speist sich auch die Frage, ob es denn im
Verhältnis von Lohn und Leistung wirklich immer mit rechten Dingen zugeht. Wer
so – nach der Gerechtigkeit des Lohns, den der eine oder andere kriegt - fragt,
will im Regelfall gar nicht mehr wissen, wie denn die Zuordnung von Lohn und
Leistung in den Kollektivverträgen tatsächlich beschaffen ist. Dieses
Verhältnis von Lohn und Leistung ist nämlich genau umgekehrt, wie es diese
Gerechtigkeitsvorstellung unterstellt.
In den
kollektivvertraglichen Bestimmungen ist eine Einsortierung der verschiedenen
Tätigkeiten in „Beschäftigungsgruppen“
nach den Kriterien der zu verrichtenden Tätigkeiten und der erforderlichen
Berufsausbildung festgeschrieben. Der Mindestlohn eines Arbeiters bestimmt sich
entsprechend seiner Einstufung in eine dieser Beschäftigungsgruppen und nach
der Anzahl der von ihm erworbenen „Beschäftigungsgruppenjahre“.
Jeder, der von einem Unternehmen beschäftigt wird, hat in eine der im Vertrag der
jeweiligen Fachgruppe vorgesehenen Beschäftigungsgruppen einsortiert und
entsprechend dieser Einsortierung entlohnt zu werden.
Diese Sortierung
bedeutet gerade nicht, dass jeder, der die aufgeführten Qualifikationen
vorweisen kann und der bereit und in der Lage ist, sich entsprechend ins Zeug
legt, auch schon einen Anspruch auf den jeweiligen Lohn hat. Von wegen also,
der Lohn würde sich aus Leistung, Qualifikation oder Ausbildung des
Arbeitnehmers bestimmen. Irgendeine Art von Rechtsanspruch auf einen aus der
eigenen Leistung abgeleiteten Lohn ist gerade nicht gemeint. Was immer einer
gelernt hat und wie immer er sich anstrengt, eine entsprechende Entlohnung hat
er deswegen noch lange nicht. Wenn in seinem Betrieb ein Arbeitsplatz, der
seiner Qualifikation entspricht gar nicht existiert, sondern bloß solche, für
die nur eine geringere Qualifikation verlangt wird, nützen ihm weder
Leistungsbereitschaft noch erworbene Qualifikation.
Das tatsächliche
Verhältnis von Lohn und Leistung ist also genau umgekehrt, wie es die Gerechtigkeitsvorstellung
unterstellt: Alle in den Kollektivverträgen angeführten Tätigkeiten,
Fähigkeiten, Anstrengungen usw. sind nie so zu lesen, dass sie, wenn sie die
Arbeitskraft mitbringt, einen bestimmten Lohn erbringen würden, sondern
umgekehrt. Den entsprechenden Lohn gibt es nur, wenn die betreffende Tätigkeit
vom Unternehmen tatsächlich gebraucht wird. Klar muss dann natürlich die
Arbeitskraft auch die am jeweiligen Arbeitsplatz geforderte Leistung erbringen.
Aber es ist noch
schlimmer. Bei der kollektivvertraglich vorgesehenen Einordnung in
festgeschriebene Beschäftigungsgruppen als Bedingung dafür, dass der so
Eingeordnete den festgelegten Lohn kriegt, handelt es sich um ein einziges
Definieren des Lohns nach unten. Mit dieser Einordnung ist nämlich zugleich
auch festgelegt, unter welchen Bedingungen man den bisherigen Lohn nicht mehr
erhält. Macht sich ein Betrieb durch ein neues Produktionsverfahren von einer
bislang benötigten Qualifikation unabhängig, führt dies bei den davon
betroffenen Arbeitern wie automatisch - quasi sachzwanghaft - zu einem
entsprechenden Lohnverlust.
Aber der Lohn wird
durch das System der Kollektivverträge noch in einem ganz anderen Sinn nach
unten definiert. Jede Tätigkeit wird unter Bezugnahme auf Anforderungs- und
Qualifikationsmerkmale wie gefordertes Bildungsniveau, Berufserfahrung,
Entscheidungsverantwortung in der Wertigkeitsskala platziert. Am weitesten oben
sind Jobs, an denen ein akademischer Abschluss und Berufserfahrung und Eigenverantwortung
und gefragt sind. Dadurch ergibt sich, dass an den meisten Arbeitsplätzen
reichlich Leistungsmerkmale fehlen. Die Beschäftigten mögen an ihren
Arbeitsplätzen noch so intensiv werkeln – es mangelt überwiegend an anerkannten
Leistungsmerkmalen: hier braucht man keine Ausbildung, keine Berufserfahrung,
keine Eigeninitiative. Zwar will der Arbeitgeber solche Leistungen an diesen
Arbeitsplätzen gar nicht haben, die kollektivvertragliche Einordnung macht
daraus ein Defizit an Leistungsmerkmalen und Ausfallsgründe für den Lohn.
Am größten ist der
Mangel an Leistungsmerkmale an den Arbeitsplätzen, die die Unternehmen seit
jeher am schlechtesten bezahlen. Ganz unten im Arbeitsbewertungssystem landet
regelmäßig, wer am Arbeitsplatz nur Arbeitskenntnisse einsetzt, die man in
einer Woche erlernen kann, wem bei der Arbeit jede Entscheidung abgenommen ist;
wem also die Organisation des Arbeitsplatzes die geforderte Leistung aufnötigt;
wer seinen Geist auf die geistlose Ausführung vorgegebener Arbeitsschritte
konzentrieren darf, wem die Maschine den Takt vorgibt, wer also mit niemandem
eine Kooperation hinkriegen muss usw.
Das sind
bekanntlich die Jobs, die dem Menschen gerade ein Maximum an Anstrengung
abverlangen. Das gilt aber nicht als leistungsrelevant im Sinne der
Wertigkeitsskala. Eher als es wird nur der halbe Mann gefordert, dem
schließlich nicht nur ein Studium erspart blieb, sondern dem in der Arbeit auch
noch das Denken abgenommen wird.
Das Interesse der
Unternehmen, für puren Verschleiß von Allerweltsarbeitskräften am wenigstens zu
bezahlen, erfährt darin volle Anerkennung. Und zwar in verfremdeter Fassung: Es
wird so getan, als ob sich diese schlechte Bezahlung – wie bei allen anderen
auch – haargenau aus der Tätigkeit ableiten ließe, die da verrichtet wird.
Wie kommt sowas
zustande? Das eine ist, dass es zum Betriebsalltag gehört, dass Kapitalisten
ihr mit ihrem Eigentumstitel gesetztes Verfügungsrecht über die
Produktionsmittel dazu nutzen, das Verhältnis von Lohn und Leistung zu ihren
Gunsten zu verändern, um derart die Profitabilität ihres Kapitals zu erhöhen.
Sie ändern laufend Produktionsabläufe und Produktionsverfahren, schaffen neue
Maschinerie an, sodass immer weniger Leute immer mehr an gewinnbringend
verkaufbarem Produkt liefern.
Die Tätigkeiten,
die die große Mehrzahl der Beschäftigten zu erbringen hat, werden dabei
zusehends einseitiger und intensiver. Für das Kapital ist das eine Gelegenheit
auch am Lohn zu seinen Gunsten zu drehen. Die damit einhergehende Emanzipation
von der Qualifikation der Arbeitnehmer nutzt es dann auch noch, um am Lohn zu
drehen. Das Resultat ist eine dem Unternehmerinteresse an möglichst billiger
Arbeit geschuldete Hierarchisierung der gezahlten Löhne.
Die
Lohnunterschiede, die die Unternehmen so zustande bringen, haben unübersehbar
eine gewisse Festigkeit. An Facharbeiterarbeitsplätzen wird im Prinzip mehr
verdient als an Arbeitsplätzen für Ungelernte, usw. Es existiert ein mehr oder
weniger festes System der Zuordnung zwischen unterschiedlich einsortierten Tätigkeiten
und unterschiedlichen Löhnen.
Darum haben sich
vor allem die Gewerkschaften verdient gemacht: Sie sehen es als ihre wichtige
Aufgabe an, dass es bei der Lohndifferenzierung objektiv zugeht: Dass nicht die
Willkür der Arbeitgeber herrscht, sondern fixe Kriterien der Eingruppierung
feststehen, die dann auch nachprüfbar gelten. Dafür wollen sie sorgen und
darüber wachen sie. Damit soll verbürgt sein, dass jeder auch wirklich den Lohn
bekommt, der ihm aufgrund seiner Qualifikation und seine Leistung zusteht.
Insbesondere in
Branchen mit geregelter gewerkschaftlicher Mitbestimmung wie der Metall- und
Elektroindustrie, der Chemieindustrie etc. haben es die Gewerkschaften damit zu
Vereinbarungen mit den Arbeitgebern über ausgeklügelte Verfahren der objektiven
Leistungsbemessung gebracht, die jeden einzelnen Arbeitsplatz punktgenau in ein
System der Wertigkeit einsortieren.
Die detaillierte
und kleinliche Zuordnung von Tätigkeiten und einem auf Cent genau bestimmten Geldbetrag,
- dass etwa einem Kleindruckmaschinenmeister unter dem Papierformat 25cm x 35cm
im ersten Jahr seiner Tätigkeit genau 431,16€ an Wochenlohn zustehen, einem
Kleindruckmaschinenmeister bis zum 36cm x 52 cm aber 440,66€ zustehen - das ist
das Resultat des Gerechtigkeitsfanatismus wie ihn die Gewerkschaften
aufgebracht haben und gemeint haben, gegen die Unternehmer im Namen der
Arbeiter einsetzen zu müssen.
(http://www.druck.or.at/downs/loehne/lgt_haupt_201504.pdf)
Klar ist damit,
dass auch die Gewerkschaft für den Lohn ein anderes Kriterium kennt und in
Anschlag bringt, als die Bedürfnisse der Lohnempfänger. In dem Maß, in dem es
ihr gelungen ist und gelingt, diesen Standpunkt gegen das Kapital
durchzusetzen, erzeugt sie dafür aber den Schein, dass das alles seine gute
Ordnung hat, stehen doch Lohn und Leistung in dem Jahr für Jahr neu von ihr ausgehandelten,
ganz und gar gerechten Entsprechungsverhältnis.
Damit kriegt das
Prinzip des Geschäfts der Unternehmer, möglichst viel Leistung für möglichst
wenig Geld einzukaufen, die Form eines Streits von Kollektivvertragspartnern um
das sachlich gerechtfertigte Verhältnis von Lohn und Leistung.
Die
Unterschiedlichkeit der Eingruppierungen anhand der vereinbarten Leistungsmerkmale
selber dient als Beweis, dass im Prinzip den Beschäftigten an den einzelnen
Arbeitsplätzen Gerechtigkeit widerfährt. Schließlich ist keine Arbeit und daher
kein Lohn wie der andere! Nichts weiter als die Tatsache, dass unter Mitwirkung
der Gewerkschaft akribisch sortiert wird, beweist ihr, was da angeblich zum Zug
kommt: Jeder Arbeitsplatz bringt genau den Lohn, der der Leistung entspricht!
Dass die
Gewerkschaft in den Betrieben dauernd um gerechte Zuordnungen ringen muss,
verschafft ihr selbst nicht nur eine Daueraufgabe, ihren Mitgliedern bei ihrem
Bemühen um eine gerechte Einstufung mit Rat und Rechtsbeistand zur Seite zu
stehen, sondern liefert auch den Beweis, wie wenig sich der gezahlte Lohn aus
der Leistung der Beschäftigten ergibt.
*
Der zweite Teil
war der sachlichen Klärung der Einkommensquellen der verschiedenen Berufszweige
gewidmet. Rausgekommen ist: Die wirkliche Geldverteilung regeln ökonomische
Notwendigkeiten und politisch beschlossene Sachzwänge. Da herrscht bei der
Besoldung von Staatsdienern der eine Grundsatz - der hat viel mit der Macht zu
tun, über die sie gebieten - und bei der Entlohnung von Arbeitern ein anderer –
da bezahlt wer einen Kostenfaktor. Für die Einnahmen aus Grundbesitz gilt ein
eigenes Sachgesetz, für die Einkommen von Fußballstars anderes.
Eines herrscht
ganz sicher nicht: ein einheitlicher Maßstab, nach dem – „irgendwie“ – alle tatsächlich verdienten Einkommen moralisch
verdient wären oder sein müssten. Man kann es drehen und wenden, wie man will.
Das Bemühen, einen überzeugenden allgemeingültigen Gesichtspunkt für die
marktwirtschaftlichen üblichen Einkommensunterschiede zu benennen, zeigt nur
Eines: ein solches Prinzip gibt es nicht. Die Suche danach ist falsch und führt
zu nichts.
Die Idee ist aber
unverwüstlich. Und zwar aus einem Grund: Man braucht sie ja gar nicht
einzulösen, also einen Maßstab aufzustellen und mit seiner Hilfe eine passende
Einkommensverteilung zu erfinden. Mit der Idee im Kopf geht jeder von der
Einkommensverteilung aus, die es gibt, wenn er sich ans Problematisieren macht:
Kriegt der eine zu viel? Bekomme ich zu wenig? Geht die Einkommenshierarchie
insgesamt in Ordnung? Oder muss irgendein Gesichtspunkt etwas mehr beachtet
werden? Wer so fragt, der will gar nicht wissen, warum wer wie viel verdient.
Der rechtet im Grund nur um eines: ob man und vor allem er selbst, mit dem
Geld, das dieser und jener und er selbst und „wir alle“ bekommen, zufrieden sein muss – nicht, weil es langt,
sondern weil er die Abstufungen und Unterschiede beim Geldverdienen
gerechtigkeitsmäßig plausibel finden kann. Oder ob und wie sehr man unzufrieden
sein darf – nicht, weil den meisten das Leben schwergemacht wird, sondern weil
Armut und Reichtum gelegentlich den Falschen treffen.
Das ist auch nicht
anders, wo Menschen antreten, die im Namen des Ideals der gerechten
Verteilungsverhältnisse die wirklichen Einkommen insgesamt zurechtrücken
wollen. Die Reichen bescheidener, die Armen besserstellen: Das ist geradezu ein
Kennzeichen linker Opposition und zum Inbegriff der Kapitalismuskritik
geworden. Mit Kritik an der kapitalistischen Ökonomie hat das überhaupt nichts
zu tun. Solche Verbesserungsvorschläge im Namen der Gerechtigkeit wollen von
der Ökonomie, also von den objektiven Gründen und Systemnotwendigkeiten, aus
denen die einen in Geld schwimmen und die meisten von diesem Stoff zu wenig
haben, ausdrücklich nichts wissen. Schon dieses bisschen Theorie ist linken
Weltverbesserern immer schon zu unpraktisch und weltfremd.
Und wozu taugt das
Nörgeln, das beleidigte Pochen auf der Idee der Einkommensgerechtigkeit? Dazu,
mehr Geld zu verdienen, taugt es jedenfalls nicht. Das gilt für alle, für
unzufriedene Arme wie für Wohlhabende, die meinen, sie könnten ruhig um einiges
reicher sein. Wenn ein Unternehmer über ungerechte Vorteile der Konkurrenz
klagt, dann muss er sie trotzdem erst noch besiegen und sich deren Welt
erobern. Wenn ein mittlerer Beamter sich über eine vorenthaltene Beförderung
beschwert, muss er allemal noch eine Beförderung erwirken. Wenn Hilfsarbeiter
über Hungerlöhne schimpfen, müssen sie erst noch Druck und ihrem Arbeitgeber
Eindruck machen. Die Vorstellung, man hätte doch Anrechte und Verdienste auf
seiner Seite, hilft überhaupt nichts. Es kommt auf die ökonomischen Mittel an,
die der eine und der andere mit seinem Beruf in Händen hat, um seine Lage zu
verbessern. Das ist die letzte und härteste, nämlich praktische Widerlegung des
verkehrten Glaubens, beim Geldverdienen, ausgerechnet, käme es auf die gerechte
Zumessung an.