Die Causa Zogaj – Ein
Lehrstück in Sachen Integration, Ausländerpolitik und Rechtsstaat
Der schon vom damaligen Innenminister Platter im Jahr 2007
bereits angekündigten „Familienzusammenführung“
der Zogajs im Kosovo steht aus österreichischer Sicht nun nichts mehr im Weg.
Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich gesprochen und damit Punkt, Schluss! Warum
sie dereinst im Mai 2002 gekommen sind und warum sie jetzt im Sommer 2010 unbedingt
gehen müssen, mit derlei Fragen braucht sich ein für alle Mal kein anständiger
und aufrechter Österreicher mehr zu belasten, um aus vollster Überzeugung und
mit bestem Gewissen für den Landesverweis der Zogajs sein zu können.
Dass hier eine ganze Familie jahrelang ganz rechtsstaatlich
drangsaliert, letztendlich auseinandergerissen und deren Familienleben zerstört
wurde, wird gar nicht geleugnet. „Recht muss Recht bleiben!“ verkünden die
einen. Da die Zogajs mit ihrem Interesse, in Österreich zu leben, zu arbeiten
und zur Schule zu gehen, österreichisches Recht - Fremdenrecht – gebrochen
haben, hat die Wiederherstellung des Rechts – wie bei jedem Rechtsbrecher -
oberste Priorität. „Rechtsstaat oder
Menschlichkeit?“ fragen die anderen, die die Entscheidung kritisieren. Im
Namen der Menschlichkeit übt sich diese Fraktion in Betroffenheit über das
Schicksal Arigona Zogajs, eine Kritik an dem, was hier rechtsstaatlich
durchgesetzt wird, was Inhalt der Ausländerpolitik ist und was es mit der von
Ausländern geforderten Integration auf sich hat, kommt auch von dieser Fraktion
nicht.
Was man über Integration lernen kann!
Noch nicht einmal die schärfsten Hetzer erheben ernstlich
den Vorwurf, Arigona Zogaj wäre hier bei uns in Österreich nicht gut
integriert. Ganz im Gegenteil, nicht wenige Medien kommen zum Befund, dass sie
recht eigentlich gar nicht von einer waschechten Österreicherin, was immer das
sein soll, zu unterscheiden ist. Ganz ähnlich auch der Befund des Verfassungsgerichtshofs
in seinem alles entscheidenden Urteil:
„Die
Beschwerdeführerin hat den Großteil ihrer Schulbildung in Österreich absolviert
und besucht derzeit die zweite Klasse der Höheren Bundeslehranstalt für
wirtschaftliche Berufe, sie spricht ausgezeichnet Deutsch, verfügt über einen
großen Freundeskreis in Österreich und geht in ihrer Freizeit diversen
außerschulischen Aktivitäten nach. In Österreich leben Verwandte der
Beschwerdeführerin, die zum Teil die österreichische Staatsbürgerschaft
besitzen und wurde der Beschwerdeführerin auch - wie sich aus der im
erstinstanzlichen Verwaltungsakt aufliegen[den] Bestätigung entnehmen lässt -
eine Lehrstelle als Friseurin angeboten. Die Integration der Beschwerdeführerin
wird auch in den zahlreichen, sowohl im erstinstanzlichen als auch im Beschwerdeverfahren
vorgelegten Unterstützungserklärungen ihres sozialen Umfeldes in Österreich
bestätigt.“ (VfGH-Erkenntnis in der
Beschwerdesache Arigona Zogaj U 614/10 vom 12.Juni 2010)
Auch der VfGH bescheinigt also Arigona Zogaj bestmögliche Integration,
bloß nützt ihr das rein gar nichts. All das, was man sich ansonsten immer als
das alles entscheidende Kriterium für die Beantwortung der Frage nach der
Erlaubnis von Ausländern, sich hier bei uns aufhalten zu dürfen, ausmalen darf
– ihren Willen zur Integration –, dessen Fehlen man dann je nach Belieben an eigentlich
unverfänglichen Gegenständen wie etwa Kopftüchern, an gemessen am lokal Üblichen
abweichenden Sitten und Gebräuchen, mangelnden Sprachkenntnissen und
dergleichen mehr erkennen können soll, zählt in diesem Fall plötzlich alles nichts
mehr.
„Trotz guter
Integration – welche unzulässigerweise nur deshalb erfolgen habe können, weil
die Beschwerdeführerin trotz gegenüber ihr ergangener negativer asyl- und
fremdenrechtlicher Entscheidungen im Bundesgebiet verblieben sei – führe die
Ausweisung der Beschwerdeführerin zu keiner Verletzung des Art. 8 EMRK zumal
die öffentlichen Interessen an der Einhaltung asyl- und fremdenrechtlicher
Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung überwiegen würden.“
(ebenda)
Sie ist zwar unstrittig integriert, hat sich die ihr
attestierte Integration aber illegaler weise erschlichen, hätte sie doch gar
nicht in Österreich anwesend sein dürfen. Gleichgültig – wie der VfGH
ausdrücklich betont – auch der Umstand, dass Arigona Zogaj in all der Zeit
nicht einmal volljährig war. Die ganze Integrationsleistung wird damit für
wertlos, für null und nichtig erklärt. Umgekehrt ist dem VfGH natürlich nicht
unbekannt, dass ohne ihre Anwesenheit in Österreich die ihr zugute gehaltene
Integration gar nicht erst möglich gewesen wäre. Was - auf einen gemeinsamen
Nenner gebracht - bedeutet, wie immer Arigona Zogaj sich verhalten, was immer
sie angestellt hätte, eine Aufenthaltsbewilligung in Österreich kam für sie und
ihre Mutter nie in Frage.
Das lässt einen bemerkenswerten Schluss zu. Ob einer hier
bei uns anwesend sein darf oder nicht, das liegt nicht an dem, was er selbst tut
und denkt. An Sitten und Gebräuchen, zu denen er sich versteht - ob einer eher
Freund des Schweinsbratens oder doch eher des nach bestimmten mehr oder weniger
atavistischen Riten geschlachteten Fleisches ist -, ob er den Text der
Bundeshymne wiedergeben kann oder – wie wohl die Mehrzahl der Österreicher – nicht,
und welche Charakteristika eines wahren und echten Österreichers einem sonst
noch einfallen mögen, an die Leute aus dem Ausland sich anzupassen haben, wollen
sie bei uns zumindest geduldet sein, liegt es jedenfalls nicht, ob sie als
waschechte Österreicher durchgehen oder doch als Ausländer, die hier nichts
verloren und das Land zu verlassen haben. Noch nicht einmal die immer wieder
ins Treffen geführten Sprachkenntnisse geben das her.
Nicht dass sich die aus dem Nicht-EU-Ausland stammenden
Aufenthaltswerber deswegen die Mühe ersparen dürften, ihre Integrationswilligkeit
zu beweisen. Ganz und gar nicht. Der Nachweis der Beherrschung der
Landessprache – am besten schon beim Grenzübertritt – ist ebenso unerlässlich
wie das stete Bemühen um Vertrautheit mit der rechtlichen Verfasstheit „unseres“ Landes, der Kenntnis lokaler
Gegebenheiten – Ortskunde und Wissen um hiesige Sitten und Gebräuchen
inklusive.
Nur die Entscheidung in ihrem Sinne herbeiführen können sie
damit nie und nimmer. Das liegt in der Natur des verlangten Beweises. Wer
beweisen muss, dass er hierher passt, beweist allein schon durch die
Notwendigkeit, diesen Beweis führen zu müssen, dass er sich von den Hiesigen
unterscheidet. Müsste er sonst was beweisen? Eben! Österreicher ist man oder
ist man nicht und zwar nicht qua irgendwelcher Beweise sondern Dank staatlichen
Beschlusses, zur von der österreichischen politischen Gewalt beanspruchten
Mannschaft zu gehören – oder eben auch nicht.
Ob die von den Aufenthaltswerbern erbrachten
Anpassungsleistungen was taugen und Anerkennung in Gestalt einer
Aufenthaltserlaubnis erfahren, liegt daher mit ihrer Erbringung allein noch
lange nicht fest, steht und fällt viel mehr mit einer staatlichen Entscheidung,
die – wie gerade der Fall Arigona Zogaj schlagend vor Augen führt - noch ganz
andere Kriterien kennt.
Was man über
Ausländerpolitik lernen kann!
Mit einem vor allem von christlicher und grüner Seite immer
wieder beklagten menschenverachten Charakter der „derzeitigen Ausländerpolitik“ hat dies alles nichts zu tun. Derlei
Behauptungen dienen im Fall der Grünen einzig ihrer Positionierung in der parteipolitischen
Konkurrenz und verharmlosen die ganze Angelegenheit. In Wahrheit ist die Sache grundsätzlicher
und beginnt genau besehen schon mit der alles andere als natürlichen Unterscheidung
der Menschen in In- und Ausländer, eine Unterscheidung, an der all diese
Kritiker, die sich jetzt noch zu Wort melden mögen, nicht das Geringste auszusetzen
finden.
Ausländerpolitik ist per se ausländerkritisch. Das liegt am
fundamentalen Unterschied zwischen Österreichern und Ausländern. Die Inländer
betrachtet jeder Staat als seine angestammte Manövriermasse, die exklusiv dem
nationalen Recht und sonst keinem unterworfen ist. Die glücklichen werden in
der Regel anlässlich der Geburt eingemeindet, amtlich erfasst bis zum Ableben
und in der Zwischenzeit für alles in die Pflicht genommen, was gerade nationale
Sache ist, von Arbeit und Arbeitslosigkeit über Budgetkonsolidierungen und
Pensionsreformen im Plural bis zum Wehrdienst. Ausländer betrachtet und
anerkennt der Staat hingegen als Zuständigkeitsbereich einer anderen
Souveränität, zumindest soweit er mit rechtsförmlicher Anerkennung des anderen
Souveräns auch dessen Besitzanspruch bezüglich der ausländischen Bürger
respektiert. Er weiß sie also einer anderen höchsten Gewalt unterworfen und
verpflichtet, und er respektiert, dass sie seinen Zwecken und Absichten nur
eingeschränkt zur Verfügung stehen. Außerdem begründen sie ein Recht ihres Heimatlandes
zur Einmischung; zumindest betrachtet jeder Staat, wenn es ihm gelegen kommt,
seine Bürger im Ausland als lebendige Nationalflagge, als Rechtstitel seines
Engagements. Die Anwesenheit von Bürgern fremder Nationen auf seinem
Territorium duldet er daher nur nach Maßgabe eines Nutzens, den er sich von
ihrer Anwesenheit verspricht:
·
ökonomisch als Investor, der Kapital ins Land bringt und
damit die wirtschaftliche Basis der Nation verbreitert, als von der heimischen
Wirtschaft dringend nachgefragte Schlüssel-Arbeitskraft oder – wegen des
politisch geschaffenen Überangebots nur mehr in sehr geringem Ausmaß – als
billige Saisonarbeitskraft.
·
politisch – soweit es sich nicht um diplomatisches Personal
handelt, das eigenen Gesetzen unterliegt – als lebendiger Beweis für die
Unerträglichkeit und Unmenschlichkeit angefeindeter Regime, als Beleg für die
Notwendigkeit der eigenen Einmischung in die inneren und äußeren
Angelegenheiten fremder Herrschaften.
Das historische Pech der Zogajs, auf diese Nützlichkeit für
Österreich können sie nicht verweisen, ganz im Gegenteil! Einige wenige Monate
früher und ihre Flucht aus ihrer angestammten Heimat hätte hervorragend als
Nachweis des „Unrechtscharakters“ der
Belgrader Macht im Kosovo und der österreichischen „Verpflichtung“ zu moralischer und politischer Einmischung getaugt.
Danach und schon gleich jetzt, Jahre nach der erfolgreichen Einmischung der
versammelten westlichen Weltmächte unter mehr als nur freudiger Anteilnahme
Österreichs und der gegen den Willen der ehemaligen Territorialmacht Serbien
erfolgten Gründung eines eigenen Staates Kosovo stellt sich die Sache genau
umgekehrt dar. Nicht dass die Lage im Kosovo besser geworden wäre - Arigona
werde in ein Land abgeschoben, in das man die eigenen Kinder nicht einmal auf
Urlaub fahren lassen würde, beschreibt die Kleine Zeitung Kärnten die derzeitige
Lage im Kosovo -, jetzt ist der Kosovo aber das von den westlichen Mächten
geschaffene Staatsgebilde, weit und breit will die politische Elite Österreichs
daher keinen Grund für eine Flucht mehr entdecken. Heute gehört Arigona und
ihre Familie in den Kosovo, jetzt als lebendiger Beweis dafür, dass dort alles
seine Ordnung hat. Die existentiellen Schwierigkeiten, denen sich die Zogajs
gegenübersehen werden – angefeindet von den im Kosovo Verbliebenen, mit einmalig
370 Euro pro Erwachsenem in der Tasche und ohne Chance auf irgendein geregeltes
Auskommen, im Fall Arigonas noch dazu ohne Beherrschung der dortigen
Landessprache – werden bei all dem nicht geleugnet, sie kümmern die Politik
bloß nicht weiter. Schlecht geht es schließlich vielen in Österreich und in der
ganzen Welt! Könnte es sein, dass Österreich an derlei Zuständen weltweit gar
nicht ganz unbeteiligt ist?
Recht muss wieder hergestellt werden!
Für die jetzige Entscheidung des VfGH war das alles aber gar
nicht mehr das Ausschlaggebende. Diese Entscheidung war schon in den früheren
Verfahren gefallen. Der VfGH hat sich diesmal mit einer gänzlich anderen Frage
auseinandergesetzt – mit der Frage nämlich, ob Arigona Zogaj nicht allein schon
aus ihrer langandauernden Anwesenheit in Österreich ein Anspruch auf Aufenthalt
erwachsen ist. Dem in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention
verankerten Menschenrecht auf Privatleben, auf das die Arigona Zogaj in ihrer
letzten Beschwerde Bezug nahm, stellte der zur Prüfung herausgeforderte VfGH
das Recht Österreichs gegenüber, auf der Durchsetzung von Verfügungen zu
bestehen, die auf Basis österreichischen Rechts erlassen worden sind:
„Im Verfahren vor dem
BAS und dem VfGH wurde das Ausmaß der auch privaten Integration Arigonas in die
oberösterreichische Umwelt seitens der Richter allerdings auch anerkannt und
dem Interesse eines demokratischen Staates gegenübergestellt, rechtskräftige
Verfügungen auch durchzusetzen. Das ist guter euopäischer
Menschenrechtsstandard.“ (Standard vom 18.Juni 2010)
Die vom VfGH getroffene Entscheidung:
„Jegliches während
eines solchen unsicheren Aufenthaltes begründetes Privatleben könne im Rahmen
einer Interessenabwägung mit dem legitimen öffentlichen Interesse an einer
effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen, eine Außerlandesschaffung
als unverhältnismäßigen Eingriff anzusehen.“ ((VfGH-Erkenntnis in der
Beschwerdesache Arigona Zogaj U 614/10 vom 12.Juni 2010)
Man höre und staune! Die Zogajs ließen es in Punkto
Integration an nichts fehlen, sie hätten aber – so der Vorwurf – durch ihr
Verhalten die absolute Geltung österreichischen Rechts in Frage gestellt. Wie?
Haben sie sich eines Verbrechens schuldig gemacht und wenn ja, welchen Verbrechens?
Die Antwort: Ihr Verbrechen bestand darin, hier in Österreich anwesend gewesen
zu sein! Sowas banales, wie irgendwo aufhältig zu sein, ein Umstand, der sich
gar nicht vermeiden lässt, ist in unserer Welt von Freiheit und Gleichheit nämlich
alles andere als selbstverständlich, sondern bedarf der ausdrücklichen
Erlaubnis der am jeweiligen Ort zuständigen Staatsgewalt, im Falle der Zogajs
der österreichischen. Diese Erlaubnis hatten die Zogajs nicht oder jedenfalls
nicht für die ganze Dauer ihrer Anwesenheit in Österreich. Die in den letzten
Jahren populär gewordene Figur des „Illegalen“
bringt diese staatliche Stellung zu unerwünschten Ausländern auf den Punkt. So
ein Mensch tut nicht bloß etwas Illegales, er ist insgesamt illegal, er ist zu
gar nichts berechtigt.
Am Prüfstand stand also nichts Geringeres als die Frage, ob
Österreich und sein Rechtssystem durch die einige Jahre währende Anwesenheit von
Arigona Zogaj ohne Erlaubnis samt ihrer in dieser Zeit fraglos erfolgten
Integration Schaden genommen hat oder nicht. In der Abwägung des Rechts der
Zogajs auf Privatleben und des Rechts des Staates auf unbedingter Geltung und
Durchsetzung seiner Verfügungen hat sich der VfGH dafür entschieden, die Anwesenheit
der Zogajs wäre dem österreichischen Rechtssystem nicht länger zuzumuten. Auch
Arigona Zogaj muss gehen.
Nicht, weil ihre Anwesenheit dem Privatinteresse irgendeines
Österreichers irgendeinen benennbaren Schaden zugefügt hätte oder sie eine
unerträgliche finanzielle Belastung für den österreichischen Staat darstellen würde.
Bekanntlich waren Arigona Zogaj und ihre Mutter in Sachen Unterkunft und
Unterhalt in den letzten Jahren auf private Spenden angewiesen. Ach ja!
Abgesehen vom Besuch der Schule!
Wie immer in derartigen Situationen finden sich auch jetzt
wieder Feinsinnige, die nachzuweisen versuchen, dass niemand geringerer als ausgerechnet
Österreich im Falle der Abschiebung von Arigona Zogaj Schaden nehmen würde:
„Arigona sei hier auf
Staatskosten ausgebildet worden, man nehme ihr die Möglichkeit durch Arbeit zurückzuerstatten,
was sie bekommen habe.“(Standard, 15.6.2010)
Das Urteil des VfGH ist eindeutig. Geschadet haben sie nicht
den Bürgern, sondern dem Recht! Was das betrifft, haben die Verfassungsrichter
klargestellt, dass die Geltung und Durchsetzung österreichischen Rechts über
allem steht, jedenfalls über dem Privatinteresse der Zogajs und wie sie sonst
alle heißen mögen! „Recht muss Recht
bleiben“(Standard, 16.6.2010) wie unsere Innenministerin wieder einmal mit
bekannt feiner Klinge zu formulieren wusste!
Dass sie dieser Entscheidung wegen „umgehend“ das Land zu verlassen hätten ist nicht wahr. Die
Durchsetzung seiner Entscheidungen ist nicht Sache des VfGH ist, wie nicht
zuletzt das Beispiel des Kärntner Ortstafelurteils zeigt. Das ist Sache der politischen
Entscheidungsträger. Wie die Liste der österreichischen Innenminster vor Augen
führt, findet sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe immer auch der zum Amt
passende Charakter.
Die einmalige Gelegenheit den Zynismus auf die Spitze zu
treiben, wollte sich ausgerechnet die amtierende Innenministerin offenbar
keinesfalls entgehen lassen und verwies auf die – nach erfolgter „freiwilliger“ Außerlandesschaffung der
Zogajs – bestehenden Möglichkeiten der legalen Wiedereinreise nach Österreich –
noch nicht einmal die Möglichkeit der Verheiratung mit einem Österreicher ließ
sie unerwähnt. Ohne Kenntnis der genaueren Rechtslage, die diese Möglichkeit
erst mit dem 21.Lebensjahr eröffnet – aber sowas muss eine Innenministerin, die
sich in der Sache äußert, ja wirklich nicht zu wissen, zumal sie persönlich
doch die erste wäre, die auf den Charakter der Scheinehe hinweisen würde.
Einige Vertreter der schreibenden Zunft, die ihren beinahe
ans fanatische grenzenden Glauben an die Möglichkeit eines noch viel schöneren
und besseren Österreichs unter keinen Umständen fahren lassen wollen, nahmen
die Worte der Innenministerin im Wortsinn für bare Münze und schafften es damit,
noch immer einen Hoffnungsschimmer für die Zogajs zu entdecken. Wahrlich eine
Leistung der Extraklasse!
*
PS.: Es ist gängige Praxis der Bürger, sich das Recht als
ihren ganz persönlichen Schutz zu imaginieren. Nur zu gerne verwechseln sie das
Recht, ihr Interesse betätigen zu dürfen, mit einem Schutz ihres privaten Wohlergehens,
um sich – kaum werden sie unvermeidlich des Unterschieds gewahr – diesen
Unterschied mit der immerzu nicht gelingen wollenden Durchsetzung rechtmäßiger
Zustände zu erklären. Was diese Stellung betrifft, könnte einen dieses Urteil
exemplarisch eines Besseren belehren. Geschützt wird nicht mehr und nicht
weniger als das Recht selbst. Das sagen nicht wir, das sagt der VfGH selbst.
Das war diesmal nachgeradezu das Thema seiner Überprüfung. Für seine, des
Rechts, Geltung wäre die weitere Anwesenheit einer 18-Jährigen in Österreich
eine unerträgliche Anerkennung eines Rechtsbruchs und darf daher keinesfalls
sein und zwar unter ausdrücklicher Betonung, dass keines anständigen
Österreichers Privatinteresse Schaden genommen hat.
Dazu
auch unsere Sendung vom Februar 2008:
Der Fall Arigona Zogaj – wer warum nach Österreich darf oder auch nicht!