GEGENARGUMENTE

 

Integration

Vom Verdacht gegen Ausländer oder Ausländerintegration als Alternative zur Ausweisung

 

Die FPÖ hat ihren Wahlkampf zu den Wiener Gemeinderatswahlen hauptsächlich mit dem Hinweis bestritten, hier bei uns seien viel zu viele Ausländer anwesend, die noch dazu viel zu viele Rechte hätten, nur Schwierigkeiten machten – von der Schule über die Arbeitswelt bis zum Zusammenleben im Gemeindebau – und sich überhaupt weigerten, sich anzupassen. Mit Slogans wie Mehr MUT für unser Wiener Blut, zu viel Fremdes tut niemandem gut“ (FPÖ-Plakat) hat sie für sich Stimmung gemacht und damit auch kräftig gepunktet.

 

Keine der anderen Parteien hat diesem Befund, dass es ein Problem mit Migranten gäbe, wirklich widersprochen. Niemand konnte den ÖVP-Wahlslogan „Reden wir über Bildung. Am besten auf Deutsch“ als Absage an das Projekt Englisch als Arbeitssprache im Unterricht missverstehen. Jeder wusste, dass dies als Ansage an Kinder mit türkischer, serbischer oder kroatischer Muttersprache gemeint war.

 

Der Hauptvorwurf der SPÖ an die Adresse der FPÖ lautete, diese arbeite mit „Hassparolen“. Statt sich, wie die SPÖ, mit der Organisierung von Deutschkursen, dem verpflichtenden Kindergartenjahr vor Schuleintritt oder der „Wiener Hausordnung“ um „Lösungen“ zu bemühen, würde sie mit ihren Parolen den Hass auf ausländische Mitbürger nur noch verstärken.

 

Alle anderen Parteien teilen also den Befund der FPÖ, dass Ausländer ein Problem machen. Im Unterschied zur FPÖ bestehen sie aber darauf, dass Österreich Zuwanderer braucht und Ausländer – vor allem die, die man braucht – daher nicht auszuweisen, sondern zu integrieren seien.

 

Dass diese Integrationspolitik Defizite aufweise, SPÖ und ÖVP sich ihre Verluste selbst zuzuschreiben hätten, hätten sie diese Themen doch vernachlässigt oder jedenfalls falsch aufgegriffen, ist der einhellige Tenor in der heimischen Medienlandschaft nach der Wahl. „Straches Wahlsieg hat auch objektive Gründe jenseits seiner Hetzerei“ heißt es im Untertitel des Artikels „Wien hat ein Problem mit vielen Türken“ von Peter Rabl im Kurier vom 18.10.2010. Ähnlich Ulrich Brunner in der Tageszeitung Die Presse in seinem Kommentar: „Alles nur Faschisten? Über das Ende des Traums von Multikulti“. Auch der ORF will da nicht nachstehen: Bilder über Kopftuch-tragende Frauen und die ganze Republik weiß sofort, in Österreich gibt es ein „Integrationsproblem“.

 

Mit der Behauptung von Integrationsdefiziten und der Forderung, sich gefälligst zu integrieren, meldet sich eine sehr grundsätzliche Unzufriedenheit gegenüber einem Teil der hier anwesenden ausländischen Bevölkerung zu Wort. Der Befund lautet, da gibt es welche, die sind zwar da, aber irgendwie mangelt es ihnen an Zugehörigkeit zu Österreich. Wir wollen in unserer Sendung der Frage nachgehen, inwiefern eigentlich? Was fehlt den Zuwanderern? Worin besteht ihre mangelhafte Eingliederung?

 

Integration, was ist das?

 

Nun könnte man meinen, die Zugewanderten seien doch bereits bei uns eingegliedert. Ihre Tage sind flächendeckend mit all den Tätigkeiten ausgefüllt, mit denen auch die Hiesigen ihren kapitalistischen Alltag verbringen. Sie kümmern sich ums Geld, ohne das es einfach nichts gibt. Sie machen sich gegen Lohn in einem der hiesigen Unternehmen nützlich, betreiben Würstelstände, Döner-Buden, Lebensmittelgeschäfte oder Marktstände. In der richtigen Gegend gelegen, gelten letztere glatt als Bereicherung des kulturellen und kulinarischen Lebens einer Stadt, die sich als Weltstadt versteht. Sie kaufen und sparen, zahlen Steuer und leisten wie alle anderen auch ihre Beiträge zu „unserem“ Sozialsystem – wie man den offiziellen Statistiken entnehmen kann sogar mehr als sie selbst daraus lukrieren. Auch diejenigen, die mit der Geschäftemacherei im Lande nur so viel zu tun haben, dass ihnen von der Klasse der Geschäftsführer der lebensnotwendige Unterhalt, auf den sich ihre Hoffnungen bei der Zuwanderung gerichtet hatten, wieder genommen wurde, stellen sie sich ohne vernehmbares Murren beim für solche Fälle zuständigen Arbeitsmarktservice an und bemühen sich um Arbeit. Sie sind verheiratet, haben Kinder – mehr als die österreichische Durchschnittsfamilie -, und nehmen es mit dem auch in Österreich nach wie vor hoch im Kurs stehenden Wert der Familie besonders ernst. Also auch was die Familie anlangt, sind sie geradezu vorbildlich. Und auch sonst kommen sie offenbar problemlos mit ihrem kapitalistischen Alltag zu Rande. Sie beherrschen die Regeln des Straßenverkehrs, können telefonieren… Für den Fall, dass sie sich dann doch einmal daneben benehmen oder gar gegen geltendes Rechts verstoßen, kommen auf sie dieselben Gesetze, Strafe inklusive, zur Anwendung, wie sie auch für Österreicher gelten.

 

All dem kann man schon einmal entnehmen, dass ihre funktionelle Eingliederung in den hiesigen Kapitalismus nicht gemeint sein kann, wenn von Ausländern Integration verlangt wird. Sich an die hiesigen Regeln zu halten, sein Leben darauf auszurichten, mit und in den hier vorfindlichen Lebensbedingungen zurechtzukommen, das reicht bei ihnen offensichtlich nicht. Ein Ausländer muss ständig beweisen, dass er auch tatsächlich zu uns, den Inländern, passt und zu uns gehören will.

 

Worin bestehen nun die den Zugewanderten angelasteten Mängeln? In ihrem „Nationalen Aktionsplan für Integration“ kurz NAP hat die österreichische Bundesregierung diese Defizite als „Handlungsfelder“ aufgelistet – von „Arbeit und Beruf“, „Sprache und Bildung“ über „Wohnen und die regionale Dimension der Integration“ bis zu „Rechtsstaat und Werte“.

 

Die Zugewanderten - eine nur bedingt taugliche Ressource für den ökonomischen Erfolg Österreichs

 

Es gehört zu den Schönheiten des Kapitalismus, dass er ohne einen Bodensatz an Arbeits- und damit Einkommenslosen nicht auskommt. Marx hat diese Personengruppe Reservearmee genannt, weil diese Menschen aus der Sicht des bestimmenden wirtschaftlichen Zwecks eine Reserve bilden - bereit, jede Tätigkeit, mit der sich Geld verdienen lässt, zu ergreifen, auf dass kein lohnendes Geschäft unterbleibt – wobei ganz nebenbei auch noch dafür gesorgt wäre, dass die Lohnvorstellungen der Beschäftigten nicht in den Himmel wachsen.

 

In den seltenen historischen Ausnahmezeiten, in denen das österreichische Kapital - weil vollbeschäftigt - nicht auf eine heimische Reservearmee zurückgreifen konnte – in Österreich zuletzt ab Mitte der 60er bis Mitte der 70er Jahre – stand sein politischer Verwalter nicht an, ihm helfend unter die Arme zu greifen. Anwerbeabkommen für ausländische Arbeitskräfte mit dem ehemaligen Jugoslawien, der Türkei und Spanien taten das Nötige, um den Bedarf der Wirtschaft an hinreichend billigen Arbeitskräften zu decken.

 

Mitte der 70er Jahre war damit auch schon wieder Schluss. Die Logik der kapitalistischen Wirtschaft hatte ganz von selbst wieder für den nötigen Überschuss an Arbeitskräften gesorgt. Jede Produktivkraftsteigerung dient im Kapitalismus schließlich einzig dazu, bezahlte Arbeit überflüssig zu machen – nicht nur aber auch in Form des Überflüssigmachens von Arbeitskräften.

 

Österreich hat auf diesen Erfolg seines Kapitals, sich vom beschränkten Arbeitskräfteangebot unabhängig zu machen, mit einem Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte und einem Ausländerbeschäftigungsgesetz, das die Beschäftigung von Ausländern zahlreichen Beschränkungen unterwirft, reagiert.

 

Ab den 90er Jahren sorgte der „Fall des Eisernen Vorhangs“ - die allseits gelobte Befreiung der Bevölkerung der osteuropäischen Nachbarländer vom „Joch des Kommunismus“ -, die kriegerische Verbreitung der Demokratie weltweit, die Öffnung des Arbeitsmarktes gegenüber den EU-Mitgliedstaaten - ab Mai nächsten Jahres fallen die letzten Beschränkungen gegenüber den neuen Mittel – und osteuropäischen EU-Mitgliedern - usw. endgültig dafür, dass mehr williges und billiges Arbeitskräftepotenzial zur Verfügung steht als hierzulande gebraucht wird. Um Zuwanderung muss endgültig nicht mehr geworben werden. Der österreichische Arbeitsmarkt ist übervoll mit Arbeitskräften. Die Chance, die Reihen der Arbeitslosen und „working poor“ aufzufetten, ist bei den Zugewanderten höher als bei Österreichern. Geholt für die Verrichtung einfacher Arbeiten, gehören sie zu den ersten Opfern des kapitalistischen Fortschritts. Arbeitskräfte die keine lohnende Anwendung in Aussicht haben, das darf schon bei Inländern nicht sein, in den Reihen der Ausländern ist das aber für den Staat endgültig unerträglich, wurden sie doch schließlich einzig geholt, um der Wirtschaft als Ressource zu dienen.

 

Sich der Zugewanderten einfach zu entledigen und sie in ihre Heimatländer zu expedieren, geht nicht mehr. Schließlich sind viele von ihnen schon seit Jahrzehnten hier und das mitsamt Frau, Kindern und gar Enkelkindern, waren nützlich und haben deshalb längst einen verfestigten Aufenthaltsstatus wenn nicht gar die Staatsbürgerschaft.

 

Die Konsequenz des Staates: wenn man sie schon nicht los werden kann, ihr moralisches Recht auf Anwesenheit hier bei uns aber auf ihrer Nützlichkeit für Österreich gründet - „Zuwanderung hat sich an den Interessen Österreichs, und dabei vor allem am Arbeitsmarkt, zu orientieren.“(NAP) - , gilt es dieser Nützlichkeit auf die Sprünge zu helfen und was die betrifft, stellen die Zuständigen fest:

 

Den Migranten mangelt es an Sprachkenntnissen und Bildung

 

Auch Migrant/innen haben zum Wirtschaftswachstum in Österreich beigetragen. Hohe Arbeitslosigkeit unter Migrant/innen und grundlegende Herausforderungen bei der Integration in Wirtschaft und Arbeitsmarkt stehen in Zusammenhang mit geringen Deutschkenntnissen und einem geringen Bildungsgrad.“(NAP)

 

Ohne vergangene Leistungen der Zugewanderten im Dienste der Wirtschaft in Abrede zu stellen, kann die Politik den Mitbürgern mit Migrationshintergrund den Vorwurf nicht ersparen, an der heutigen Unzufriedenheit Österreichs mit ihnen als ökonomischer Resource zu einem Gutteil selbst verantwortlich zu sein – Schuld daran trage ihre auch noch in der dritten Generation festzustellende mangelnde Sprachkompetenz ebenso, wie ihr zu niedriger Bildungsgrad im Allgemeinen.

 

Nun wird es schon so sein, dass es mit den Sprachkenntnissen der Zugewanderten nicht zum Besten steht. Noch lange nicht wahr ist es deswegen, dass diese fehlenden Sprachkenntnisse der Grund für die vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit von Zugewanderten sind. Sie und ihre Sprachkenntnisse haben sich all die vergangenen Jahre über nicht geändert -– wenn sie trotz langer Anwesenheit in Österreich die Landessprache noch immer nicht oder nur mangelhaft beherrschen, war diese Kenntnis für die für sie vorgesehenen Tätigkeiten offenbar bis vor noch nicht so langer Zeit gar nicht notwendig – was sich geändert hat, sind die Ansprüche der Unternehmer. Diese sorgen aber dafür, dass auch nicht wenige Österreicher trotz Sprachkenntnissen und Bildung zur Gruppe der Arbeitslosen gehören, produzieren prekäre Lebenslagen also nicht nur bei Ausländern.

 

Um den behaupteten Zusammenhang von Arbeitslosigkeit mit mangelnder Sprachkompetenz und Bildung plausibel finden zu können, muss man die Wirklichkeit tatsächlich ein wenig auf den Kopf stellen – die Politik steht dabei helfend zur Seite: nicht die Unternehmer seien es, die gemäß der Logik ihres geschäftlichen Erfolgs Löhne drücken, Arbeitnehmer entlassen oder gar nicht erst einstellen, sondern die Zugewanderten mit ihrer fehlenden Sprachkompetenz machten es den Unternehmern schwer, sie zu beschäftigen.

 

Wenn man schon auf dem Standpunkt steht, die mangelnde Sprachkompetenz sei unerträglich, wäre eigentlich eine Kritik der österreichischen Schule fällig. Schließlich sind die Zugewanderten der zweiten und dritten Generation Absolventen genau dieses österreichischen Bildungssystem. So, als Auskunft über die Leistungen dieses Bildungssystem, seine Zwecke und Resultate, soll die Kritik an mangelnder Sprachkompetenz und niedriger Bildung nicht verstanden werden. Nicht die Schule wird ob solcher Resultate kritisiert, stattdessen wird von ihrem Resultat auf mangelnden Integrationswillen der Zugewanderten geschlossen:

 

Wer dauerhaft in Österreich leben und am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben will, muss bereit sein, die deutsche Sprache zu erlernen.“(NAP)

 

Wenn es mit den Sprachkenntnissen der Zugewanderten auch nach vielen Jahren der Anwesenheit bei uns nicht weit her ist, dann nimmt die Politik das als Ausdruck der fehlenden Bereitschaft, am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Umgekehrt heißt dies aber nicht, dass perfekte Deutsch-Kenntnisse Integration verbürgen würden. Für Integration ist mehr verlangt:

 

Wichtigste Grundlagen für erfolgreiche Integration in Österreich sind das Erlernen der deutschen Sprache, die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit, ein klares Bekenntnis zu Österreich, seinen Normen und Werten sowie die Bereitschaft und der Wille der Migrant/innen sich zu integrieren.“(NAP)

 

Ein pragmatisches Verhältnis zu den hier vorfindlichen Lebensumständen reicht nicht. Migranten sollen diese Regeln und Lebensumstände nicht bloß hinnehmen, sie sollen sie ausdrücklich wollen. Ist hierzulande wirklich alles so wünschenswert, so darf man nicht fragen, wenn man es um Integration geht. Eine Kritik an der österreichischen Politik, die einem Inländer allemal erlaubt ist, wird bei einem Ausländer sofort als Ausdruck eienr Distanz zu Österreich gesehen, die gerade ihm nicht nicht zusteht. Er muss sein Dafürsein demonstrieren, an allen Lebensgewohnheiten bis ins Privatleben soll das Bekenntnis zu Österreich erkennbar sein. Er muss sich integrieren, und das heißt am besten alles Ausländische an sich glaubwürdig beseitigen.

 

Diese Bereitschaft und der Wille sich zu integrieren, wird seitens der Politik und der demokratischen Öffentlichkeit, in Zweifel gezogen, wenn Migranten unter sich bleiben. Da bilden sie nämlich

 

Parallelgesellschaften und Ghettos

 

Das darf nicht sein, darin stimmen alle Verantwortlichen überein, weshalb die ÖVP der SPÖ im Wiener Wahlkampf vorwerfen kann, diese würde - statt dieser für die Zugewanderten typischen Verhaltensweise Einhalt zu gebieten – sie durch ihre Wohnungspolitik noch fördern:

 

In vielen Teilen der Stadt hat die rote Siedlungspolitik bewusst die Bildung von Ghettos in Kauf genommen, die die Entwicklung von Parallelgesellschaften fördern.“(Wahlprogramm 2010 für Wien, Stichwort Integration, ÖVP)

 

Eines lässt sich nicht bestreiten, viele der Zugewanderten aus den früheren Gastarbeiterländern wohnen auch in zweiter und dritter Generation nach wie vor in den nach ihnen benannten Gastarbeiter-Vierteln der Stadt. Nicht selten auch in einem der zahlreichen von der Gemeinde Wien errichteten und betriebenen Gemeindebauten für Menschen mit eher bescheidenem Portemonnaie. Wahr ist auch, diese Viertel zählen gemeinhin zu den eher heruntergekommenen Gegenden der Stadt. Wohnungen in solchen Bezirken der Stadt – Gegenden mit winzigen und schlecht ausgestatteten Wohnungen, deswegen aber noch lange nicht niedrigen Mieten - waren für die Zuziehenden, seinerzeit geholt für die Verrichtung niedriger und schlecht bezahlter Arbeiten, offenbar gerade recht. Wenn sie sich auch heute noch dort vermehrt anzutreffen sind, dann zeigt dies, dass sich an ihrer Lage am unteren Rand der Arbeiterbevölkerung all die Jahre über nichts Wesentliches geändert hat. Das wird wohl kein Zufall sein.

 

In diesen Gegenden wohnen sie nicht nur, einige von ihnen haben die eigenen Landsleute als Geschäftsgelegenheit entdeckt, betreiben Supermärkte oder Lokale mit dem ihnen eigenen fremdländischem Flair. Die Fremden haben eigene Vereine und eigene Gebetshäuser gegründet, in denen sie sich mit ihresgleichen treffen, diskutieren, streiten und beten. Dass die Zugewanderten in diesen Gegenden wohnen und Umgang mit Ihresgleichen pflegen, wird ihnen jetzt als bewusster Akt der „Abschottung“ angekreidet.

 

Nimmt man den erhobenen Vorwurf beim Wort, entbehrt er auf der einen Seite nicht einer gewissen Absurdität. Hatte denn irgendjemand das Bedürfnis, mit den Ausländern in Kontakt zu treten? Wenn man die publizierten Wortspenden aus dem Gemeindebau den Zuzug von Türken betreffend verfolgt, dürfte dieses Bedürfnis eher enden wollend sein! Umgekehrt handelt es sich um einen Vorwurf an die Adresse der Ausländer – hierzulande meist gegenüber Türken – der sachlich betrachtet nicht geeignet ist, eine Besonderheit von Türken auszumachen. Auf wen trifft es eigentlich nicht zu, einer Gruppe von Menschen anzugehören, die ihr Leben lebt und dabei unter sich bleibt. Ist denn genauer besehen nicht die ganze Gesellschaft eine einzige Ansammlung von Parallelgesellschaften? Oder ist es allgemein üblich, dass Banker vom Schlage eines Elsner, Unternehmer wie Androsch oder Gewerkschafter wie Verzetnitsch und Hundstorfer sich am Abend auf ein Pläuschchen mit den Arbeitern treffen. Pflegen Bankiers und Proletarier überhaupt gesellschaftlichen Umgang miteinander? Oder haben die Mitglieder der diversen „Seitenblicke-Gesellschaften“ ein anderes Verhältnis zum Publikum der gleichnamigen allabendlichen Fernsehsendungen, als das, sich als Objekte allgemeiner Bewunderung zu inszenieren? Pflegen Mitglieder des Fanclubs von Rapid Umgang mit den Freunden der Philharmoniker? Und wen stört es eigentlich, dass dem nicht so ist. Niemand kommt auf die Idee, den Reichen dieser Welt die Bildung von Parallelgesellschaften vorzuwerfen, bloß weil sie sich in den Villenvierteln oder den Penthäusern der Staat einquartieren. Das was bei allen anderen als das Normalste von der Welt gilt, mit jemandem, mit dem man nichts zu bereden hat, trifft man sich nicht, soll man just bei den Türken ganz anders sehen. Sie bilden eine Parallelgesellschaft. Insbesondere wo sie doch andere, uns

 

fremde Sitten und Gebräuche,

 

haben. Sie mögen zwar im Beruf ihren Mann respektive ihre Frau stellen und sich auch ordentlich auf Deutsch verständigen können. Mit dem, was sie in ihrem Privatleben so treiben, provozieren sie aber den Verdacht, trotzdem nicht wirklich zu uns dazugehören zu wollen.

 

Zu Hause reden sie türkisch, wohl damit wir sie nicht verstehen. Herr und Frau Österreicher täten bekanntlich nichts lieber, als ein Pläuschchen mit ihren türkischen Nachbarn abzuhalten. Türkische Männer sind Patriarchen, etwas das österreichischen Männern wesensmäßig völlig fremd ist. Gewalt in der Ehe ist ja bekanntlich ein bei uns völlig unbekanntes Phänomen. Bei Türken kommt es, wie einschlägige Postillen uns gerne wissen lassen, immer mal wieder zu Mord und Totschlag aus verletzter Ehre. Das sei typisch für ihre rückständige Kultur. Ein Eifersuchtsmord unter Österreichern - auch da geht es um verletzte Ehre – geht im Unterschied dazu als tragisches Familienschicksal durch. Türkische Männer verbieten ihren Frauen, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Wen wundert es da, wenn es um die Emanzipation der türkischen Frau schlecht bestellt ist. Emanzipation ist ja bekanntlich der eigentliche Zweck von Erwerbsarbeit! Eigenartig eigentlich, dass es einen Arbeitsplatz auch für Frauen nur gibt, wenn er der Wirtschaft nützt. Teilt sich andererseits eine türkische Frau die Arbeit hinter der Budel des Familienbetriebs mit ihrem Mann und ihren Kindern, fällt das nicht unter Emanzipation der Frau, sondern erfüllt den Tatbestand unlauterer Konkurrenz, mit der sie den wenigen verbliebenen österreichischen Geschäften und Kreislern das Leben schwer machen. Türkische Frauen und Mädchen verstecken ihre Haarpracht unter Kopftüchern. Das macht zwar auch so manche Oma aus dem tiefsten Burgenland. Anders als bei der wird das der Türkin aber als politischer Akt ausgelegt. Ganz anders als österreichische Männer halten viele der türkischen Patriarchen höhere Bildung ihrer Töchter für überflüssig und verbieten ihnen deshalb den Besuch einer weiterführenden Schule. Sowas ist bei uns völlig unvorstellbar. Bei uns sind es nicht mittelalterliche patriarchale Strukturen, die dafür sorgen, dass für den Großteil des hoffungsvollen Nachwuchses nach der Pflichtschule Schluss mit höherer Bildung ist, sondern streng objektive Kriterien.

 

Besonderes Misstrauen ziehen Zuwanderer aus dem islamischen Kulturraum – vor allem Türken - auf sich, gehen sie doch, anders als ordentliche Christen nicht in die Kirche sondern in eine Moschee. Sie vertrauen sich in der Beichte nicht einem unserer bekanntermaßen hochrespektablen Pfarrer an sondern machen ihre Sünden gemäß dem Regelkanon ihrer Religion ganz ohne Muezzin, Imam oder Sheikh mit sich und ihrem Gott selber ab. Damit stören sie nüchtern betrachtet zwar niemanden, zumal es in ihren Gotteshäusern gewöhnlich ähnlich ruhig zuzugehen pflegt wie in unseren.

 

Trotzdem kann uns ihre tiefe religiöse Verbundenheit mit ihrem Allah nicht kalt lassen. Auch gar nicht so gläubige Österreicher sind, werden sie gefragt, von der Überlegenheit der christlichen gegenüber der islamischen Religion überzeugt. Sie betrachten das Christentum streng funktional unter dem einfachen Gesichtspunkt, taugt es als Basis unserer Herrschaft oder nicht. Was das betrifft, gibt es diesbezüglich beim Christentum keinerlei Anlass für Zweifel. In ihm ist das hierarchische Verhältnis der beiden höchsten Herren –Gott und Staat – nämlich eine klare Sache: „Jedermann sei Untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet“, heißt es schon in Kapitel 13, Vers 1 des Paulusbriefes an die Römer – zumindest solange die Obrigkeit die christliche Religion als ihr Fundament anerkennt, müsste man in heutiger Zeit ergänzen.

 

Christen wissen den Staat als Wille und Werk Gottes und haben damit einen ganz und gar eigenen Grund, den Zwängen des Alltags zu folgen. Weder brauchen sie sich von der Vernünftigkeit staatlicher Vorschriften zu überzeugen, noch folgen sie diesen Gesetzen nur, weil bei Zuwiderhandlung Strafe droht. Sie genügen dem, was der Staat von ihnen verlangt, in der festen Überzeugung, damit dem Willen Gottes auf Erden zu dienen, legen sich ihre Unterordnung unter die staatliche Ordnung in anderen Worten als Befolgung göttlicher Gebote zurecht. Selbst wo dem Christenmenschen die Befolgung der Gebote nicht gelingen will, bietet die christliche Religion Erlösung: Beichte und Reue machen zwar keine einzige begangene Schweinerei mehr rückgängig, verhelfen aber zu ganz viel gutem Gewissen. Marx hat die Religion dieser ihrer Leistung wegen als Opium des Volkes charakterisiert.

 

Kann man sich des Islam in Sachen Fundament unseres Staatswesen genauso sicher sein? Ist die islamische Schafsnatur genauso brauchbar wie die christliche? Welchen Verdacht müssen muslimische Migranten aus dem Weg räumen? Nicht der Irrationalismus eines Glaubens, sich die Welt als Werk eines höchsten Wesens zu imaginieren, dem man in Wahrheit gehorcht, wenn man seine von staatlichen Regeln bestimmten Alltagsgeschäfte besorgt, stört. Sich das eigene Alltagsleben als Knechtsdienst an einem jenseitigen Auftraggeber einzubilden, in diesem Sinn die Drangsale des bürgerlichen Daseins als göttliche Prüfungen zu betrachten und sich zusätzlich zu allen praktischen auch noch einen Haufen Gewissensprobleme zu machen - diesen Dienst bringt die islamische Religion noch allemal.

 

Wenn man dem Islam diesen Dienst nicht mehr umstandslos zuspricht, dann liegt dies weniger an ihm selbst, sondern daran, dass seit dem „globalen Krieg gegen den Terror“, jeder Moslem unter Generalverdacht gestellt wird, den Dienst an seinem Allah über den Dienst an unseren weltlichen Herrscher zu stellen. Seitdem wird die Frage gewälzt, ob der Islam denn überhaupt zu „uns“ passt? Jeder Moslem, der in die Moschee geht, jedes Kopftuch auf der Straße, wirft seither die Frage auf, wie der- bzw. diejenige es mit unserem Gemeinwesen hält. Muss man nicht fordern, dass auch in den Moscheen deutsch gesprochen wird und gehört nicht gar die Predigerausbildung unter Staatsfittiche genommen, auf das sichergestellt werden kann, dass nur garantiert österreichtreue Bürger die Moschee verlassen?

 

*

 

Was müssen Migranten also tun, um sich zu integrieren? Mit widerspruchslosem Dienst an einem rentablen Arbeitsplatz ist es bei weitem nicht getan. Auch nicht mit der Kenntnis der hiesigen Landessprache. Damit ist immer noch nicht gewährleistet, dass sie auch „österreichisch denken.

 

Die Überprüfung, ob sie zu „uns“ passen, macht nicht vor der Wohnungstür halt. Sosehr einerseits gemeinhin die Überzeugung vorherrscht, was einer in seinem Privatleben tut, ginge nur ihn etwas an – jedenfalls solange er nicht gegen geltendes Recht verstößt –, im Privatleben ginge es endlich wirklich um nichts anderes als die Befriedigung all der Bedürfnisse und Wünsche, derentwegen er die Mühen des Alltags, vom Antreten in der Arbeit bis zum ordentlichen Benehmen auf sich nimmt - sosehr zeigt sich an den Maßstäben, die auf ausländische Bürger in Österreich zu Anwendung kommen, wie wenig dies wahr ist. Ganz selbstverständlich wird deren Verhalten gerade in diesem Bereich als Indiz einer möglichen Andersartigkeit unter die Lupe genommen. Religiöse Praxis, Organisation des Familienlebens: Fragen wie, ist die Frau nur(!) Hausfrau?, das in den eigenen vier Wänden gesprochen Wort, ein Stück Stoff auf dem Kopf der Frauen, nichts bleibt der Be- und gegebenenfalls Verurteilung entzogen. Keines der Rituale, keine der Gewohnheiten der Zugewanderten wird auf seine/ihre Vernünftigkeit hin überprüft, sondern als Gradmesser der verlangten Anpassung an die Zustände hier bei uns genommen. Festgehalten werden die Unterschiede: die Zugewanderten machen ihren Frieden mit dem weltlichen Jammertal mit anderen Ritualen als wir; ihre Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten sind nicht die unseren und deswegen sind sie falsch! Immer bleibt, die Migranten sind keine Inländer, sondern eben Ausländer. Wann kann man sie als integriert betrachten?

 

Was macht Integration aus? - oder - Können Migranten überhaupt erfüllen, was von ihnen verlangt wird?

 

Im Nationalen Aktionsplan gibt die Regierung die folgende Antwort:

 

Die Herausbildung eines österreichischen Wir-Gefühls, das von der Mehrheitsgesellschaft und den Migrant/innen gemeinsam getragen wird, ist ein zentrales Anliegen integrationspolitischer Bemühungen. In diesem Zusammenhang sind auch Maßnahmen gegen Rassismus und Diskriminierung zu setzen.“(NAP)

 

Der den Zugewanderten von der Politik zur Last gelegte Mangel ist sehr grundsätzlicher Art. Was ihnen fehlt, ist das für unerlässlich erklärte österreichische Wir-Gefühl, die fest im Gefühlsleben verankerte und damit dem Willen ein Stück weit entzogene Bindung an unser Gemeinwesen. Wer sich nicht unmittelbar und ohne kleinliche Berechnung auf persönliche Vor- und Nachteile zu Österreich zugehörig fühlt, der passt nicht zu uns und hat hier bei uns nichts verloren. Positiv gewendet heißt dies, den Fremden wird bedingungslose Treue zur neuen Heimat abverlangt. Eine Treue, die nicht fragt, was man selbst davon hat.

 

Nicht dass die politisch Verantwortlichen davon ausgingen, die Fremden hätten gar kein solches Wir-Gefühl, viel schlimmer! Sie sind sich eines Wir-Gefühls der Fremden im Gegenteil sicher, aber eines zu einer falschen, nämlich ihrer alten Heimat. Sie gehen davon aus, dass sie zu dieser ihrer alten und damit angestammten Heimat in einem ähnlichen Pflicht- und Treuverhältnis stehen, wie Österreich es ganz selbstverständlich von seinen eigenen Leuten erwartet.

 

Das müssen sie ändern. Sie müssen uns glaubwürdig beweisen, dass sie ihr Gefühlsleben erfolgreich auf unser Wir als ihre neue Heimat ausgerichtet haben, dass sie das Ausländische an sich erfolgreich getilgt und an seiner Stelle das Österreichische implantiert haben – kurz, dass sie Österreich meinen, wenn sie „wir“ sagen. Erst dann können wir ihnen vertrauen. Nachdem aber das Misstrauen gegen die Fremden den Ausgangspunkt bildet, kann den Zugewanderten der verlangte Beweis gar nie abschließend gelingen. Schon allein der Umstand, dass sie ihr Zugehörigkeitsgefühl beweisen müssen, beweist doch umgekehrt, dass ihre Zugehörigkeit eine unsichere Sache ist. Müssten sie diese sonst beweisen?

 

Woraus nährt sich dieser Verdacht Österreichs gegenüber seinen Migranten? Woher kommt diese Gewissheit, dass Ausländer im Unterschied zu Inländern nicht oder nur bedingt zuverlässig sind? Jedenfalls nicht aus einer wie immer gearteten Untersuchung der Disposition beider – nicht jener der Ausländer aber auch nicht der der Inländer! Der Unterschied von In- und Ausländern, auf den es letztlich ankommt, hat seine harte Grundlage nämlich gar nicht in deren persönlicher Einstellung, sondern darin, dass Migranten als Bürger eines Auslandes Österreich tatsächlich nur bedingt zu Gebote stehen. Bei allem was sie tun, ist immer noch ein anderer Staat dabei, der in Konkurrenz zu Österreich Ansprüche an sie hat, und der als anerkannte Staatsgewalt auch in der Lage ist, diesen seinen Ansprüchen den nötigen Nachdruck zu verleihen. Kurz, der Vorbehalt gegenüber den Migranten hat den einfachen Grund, dass es sich bei ihnen um Ausländer – um Bürger eines anderen Staates handelt. Entsprechend unmöglich ist im Grunde der von Migranten verlangte Beweis.

 

Bemüht sich daher ein solcher Fremder, allen Anforderungen Genüge zu leisten, stellt sich bei ihm daher immer sofort die Frage, ob die demonstrierte Gesinnung denn auch wirklich echt sei. Ein Österreicher muss nichts beweisen. Bei ihm steht fraglos fest, er gehört dazu und steht seiner Herrschaft mit Haut und Haaren zu Gebote. Er darf daher sogar kritisieren, seine Nationalität verbürgt, dass seine Kritik letztlich nur gut gemeint sein kann. Dem Fremden hingegen wird eine derart unverwüstliche Parteilichkeit für die kritisierte Angelegenheit als Prämisse jeder Nörgelei nicht zu Gute gehalten. Bei ihm gilt die Kritik sofort als Distanz zum kritisierten Gegenstand und steht damit im Widerspruch zum verlangten Beweis.

 

Die Schlussfolgerung: Österreicher kann man recht eigentlich besehen gar nicht werden, Österreicher ist man oder man ist es eben nicht. Den Zugewanderten umgekehrt wird mit dem Ruf, sie hätten sich zu integrieren, vorgeworfen, dass sie Fremde, Ausländer sind. Nicht sie kommen aus einem Ausland zu uns, sie sind Ausländer, ein Makel, den sie streng genommen nie wieder loswerden können. Sie müssen beweisen, dass sie in Sachen Parteilichkeit eigentlich gar nichts zu beweisen haben. Ob ihnen dieser widersprüchliche Beweis gelingt, liegt gar nicht an ihnen, sondern ist letztlich staatliche Entscheidung und die richtet sich nach den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Interessen des hiesigen Staates. Oder wie es im NAP heißt:

 

„Integration ist ein individueller ebenso wie ein gesellschaftlicher Prozess, der durch eigenverantwortliches Engagement sowie durch staatliche Rahmenbedingungen permanent zu gestalten ist.“

 

Integration ist eine Angelegenheit, die für die Zuwanderer nie zu Ende ist.

 

Die Ausländerfeindlichkeit der Österreicher und ihr Grund

 

Nicht wenige Österreicher sind der Meinung, Ausländer wären nicht zu integrieren, sondern hätten recht eigentlich betrachtet hier bei uns überhaupt nichts verloren. Ein Urteil, das sich ganz sicher nicht einer Überprüfung von Vor- oder Nachteilen der Anwesenheit von Ausländer vor Ort verdankt. Woher diese Sichtweise kommt, ist kein Geheimnis. In einer Welt in der die Verwirklichung noch des kleinsten materiellen Interesses eine Frage der Erlaubnis ist, die man hat oder eben nicht, kann es einfach nicht ausbleiben, dass die Taten der anderen unter dem Gesichtspunkt: „Dürfen die eigentlich das was sie tun?“ beurteilt werden. Einen festen Angelpunkt dieser Beurteilung liefert der Staat mit seiner Unterscheidung der Anwesenden in diejenigen, die er zu seinem Volk zählt, die Inländer, und die anderen, die einem anderen Volk angehören, die Ausländer. Zugewanderte, Ausländer, Fremde, Migranten oder wie sie auch immer heißen, fallen deshalb den angestammten Österreichern ganz besonders auf. Sind sie doch da, ohne wirklich dazuzugehören. Nicht dass sich daraus, selber dazuzugehören irgendein positiver Anspruch ableiten ließe. Das weiß auch der letzte Österreicher. Aber negativ gegenüber den anderen, denen die nicht dazugehören, den Ausländern, bevorzugt behandelt zu werden, das sollte man doch wohl erwarten dürfen. Wer nicht dazugehört, dem steht doch im Grunde gar nichts zu, noch nicht einmal die mieseste Arbeit zu tun und sei es für den schäbigsten Lohn.

 

So legen sich die Einheimischen den Umstand, anders als die Ausländer, ohne Wenn und Aber der österreichischen Herrschaft zur Verfügung zu stehen, als Rechtstitel auf bevorzugte Behandlung zurecht. Ihr einfacher Schluss: wenn ich als Österreicher, schon fragloser Teil dieses als Schicksalsgemeinschaft vorgestellten Österreich bin, dann müsste es doch im ureigensten Interesse des Staates gelegen sein, mich zwar vielleicht nicht immer gut, in jedem Fall aber den Ausländern gegenüber bevorzugt zu behandeln.

 

Wenn Herr und Frau Österreicher, dort wo sie das nicht gegeben sehen, in den widerlichen Chor einstimmen, Ausländer, die „wir“ bei „uns“ leben lassen, müssten „uns“ nützen, streichen sie geflissentlich durch, dass es sich bei dem „Wir“, auf das sie sich da berufen nicht um eine Schicksalsgemeinschaft sondern um ein Kollektiv gegensätzlicher Interessen handelt. Diejenigen, die sich derart in die Pose des Hausherrn der Republik begeben, führen sich auf, als ob ausgerechnet sie die Herren der Welt wären. Dabei haben sie noch nicht einmal dem letzten der Ausländer gegenüber auch nur die geringste Aufsichts- oder Weisungsbefugnis. Schon gleich nicht stehen sie zu Ausländern in irgendeiner Art von Benutzungsverhältnis. Nicht sie sind es, die irgendeinen Ausländer benutzen, sie selber werden wie die Ausländer und mit ihnen gemeinsam benutzt. Wie die Ausländer dürfen sie sich für einen Reichtum nützlich machen, der nicht der ihre ist. Wie diese sind sie nicht die Nutznießer der Verhältnisse sondern die Benutzten. Oder hält es tatsächlich irgendjemand für einen Zufall, dass sie mit den von ihnen so gehassten Ausländer auch noch privat Tür an Tür wohnen, ja sich seit kurzem auch noch im Gemeindebau die Klinke in die Hand geben dürfen. Mehr ist offenbar für beide nicht drin!

 

Statt aber gegen ihre Einkunftsquelle kritisch zu werden, nimmt der Inländer den Ausländer - den österreichische Arbeitgeber, nicht anders als ihn selbst, als billigen Kostenfaktor und Leistungsträger ihres Geschäfts beanspruchen - nicht als den Leidensgenossen, der er der Sache nach ist, sondern als den illegitimen Konkurrenten, der sein Privileg entwertet, sich ganz exklusiv als Österreicher um den Dienst in österreichischen Unternehmen anstellen zu dürfen.

 

Dieser ausländerfeindlichen Sichtweise möchte der Staat gar nicht grundsätzlich widersprechen. Kein Wunder, wer wenn nicht er erzeugt denn schließlich überhaupt erst den Unterschied, auf den sich die mehr oder weniger ausländerfeindlichen Bürger berufen. Es ist doch seine eigene Sortierung der Menschheit in In- und Ausländer, die ihm da in den diversen Forderungen entgegenschallt. Mehr noch, wenn er die Zugewanderten dazu auffordert, sich zu integrieren, gibt er doch ausdrücklich zu Protokoll, dass auch er mit den Ausländern sein Problem hat, das nur dadurch zu lösen sei, dass sie ihr Ausländersein aufgeben – sich integrieren. Andernfalls sie hier bei uns nichts verloren haben.

 

Der Ausländerhass der Bürger hat also zum einen in nichts anderem als der staatlichen Sortierung ihren wahren Grund. Mit der vom Staat initiierten Integrationsdebatte liefert er dieser Ausländerfeindlichkeit außerdem auch noch den aktuellen Anlass.

 

Der Staat ist sich aber auch bewusst, dass sein Ausländerproblem und das seiner Bürger nicht identisch sind. Sosehr er nämlich die Ausländerfeindlichkeit seiner Bürger nachempfinden kann, sosehr ist er sich auch bewusst, dass die dort zurückzustehen hat, wo sie sich nicht mit seinen ureigensten staatlichen Interessen verträgt. Sosehr er daher einerseits das Nationalgefühl seiner Bürger schätzt und fördert, sosehr sieht er sich immer wieder auch genötigt, den Rassismus seiner Bürger dann zu kritisieren. So weiß er sich aus wohl verstandenem Eigeninteresse seinen Unternehmern auf ganz besondere Weise verbunden, kennt deren Kalkulationen und ist daher nur zu gerne bereit, deren Forderungen nach ausländischen Fachkräften nach Kräften Rechnung zu tragen. Dafür, dass garantiert nur die Richtigen kommen, soll eine Rot-Weiß-Rot-Card sorgen! Und für seine Bürger gibt’s eine Dosis an Maßnahmen gegen Rassismus und Diskriminierung.