DAS HOCHWASSER GEHT - DER KAPITALISMUS BLEIBT GEGENARGUMENTE

Im August des heurigen Jahres werden in Österreich infolge starker Regenfälle und des Fehlens geeigneter Vorkehrungen, die es den anfallenden Wassermassen gestattet hätten, abzufließen, ohne Schaden anzurichten, ganze Landstriche unter Wasser gesetzt, Häuser und Möbel schwimmen weg, und neben Mengen von Schlamm hinterlässt die Flut eine Masse von geschädigten Leuten.

Die tausenden vernichteten Existenzen werden in der Folge Material für einen Patriotismus, der in der Öffentlichkeit nicht ganz zu Unrecht mit dem amerikanischen im Gefolge des Anschlags vom 11. Sept. 2001 verglichen wird. Ähnlich den Opfern des World Trade Centers bekommen die Opfer der Hochwasserkatastrophe von hiesigen Politikern mitgeteilt, dass ihr Leid nicht umsonst war. So sagt z.B. der niederösterreichische LH Erwin Pröll in einer Sonderlandtagssitzung am 11.Sept.2002:

"Der 11.September hat die Welt verändert. Die Naturkatastrophe im August hat Niederösterreich verändert." "Wir haben viel verloren - an materiellen Werten. Wir haben viel gewonnen - an menschlichen Werten" Und: "Niederösterreich ist wieder zu einer spürbaren Familie geworden." (Presse vom 12.9.2002)

Tatsächlich haben die Folgen dieser Hochwasserkatastrophe und der Umgang mit den Schäden wieder einmal gezeigt, wie wenig ordentliche Lebensbedingungen für jedermann der Standpunkt dieses von Pröll mit einer Familie gleichgesetzten Gemeinwesens ist. Gerade die vielfach geschilderten öffentlich bemitleideten "Schicksale" geben ein beredtes Zeugnis davon. Es ist kein Geheimnis, dass viele der Opfer dauerhaft geschädigte Existenzen bleiben werden. Warum das so ist, warum das sicher nichts mit dem "Hochwasser" zu tun hat und warum man daher wenig Grund hat, sich in diesem Gemeinwesen gut aufgehoben zu fühlen, das soll in der heutigen Sendung geklärt werden.

Nicht das Hochwasser, die kapitalistische Rechungsweise vernichtet die Existenz vieler Bürger!

Die Wassermassen waren noch nicht wieder abgeflossen, die entstandenen Schäden noch nicht einmal ordentlich gesichtet, stand für Politiker und Kommentatoren der freien Medien eines fest, die Flut hat tausende Österreicher zu Betroffenen gemacht und:

"Die Tausenden Betroffenen sind Menschen, die sich das Haus und ihre Existenz meist über Jahrzehnte unter größtem Verzicht aufgebaut haben und jetzt vor den Trümmern ihres Lebens stehen."(News vom 22.August 2002)

Allen gesellschaftlich Verantwortlichen und nicht nur ihnen ist offenbar selbstverständlich, dass mit Heim und Hausrat, Auto und Waschmaschine nicht bloß einiges an sachlichem Reichtum der Bürger zerstört wurde, mit der Zerstörung dieser Gebrauchsgegenstände steht und fällt vielmehr gleich deren gesamte Existenz. Und sie täuschen sich mit dieser Einschätzung sicher nicht. Dass es aber die Flut war, die das Leben so mancher Mitbürger in Trümmer gelegt hat, ist deshalb noch lange nicht richtig. Wenn Herr und Frau Durchschnittsösterreicher tatsächlich nicht in der Lage sind, vom Verdienten, das zerstörte Dach über dem Kopf zu ersetzen, das für die tägliche Fahrt vom und zum Arbeitsplatz nötige Auto zu erstehen, den Verlust von einigem Hausrat zu verkraften, kurz die unbedingt nötigen Ersatzanschaffungen auch nur für all jene Gebrauchsgegenstände zu tätigen, die für ein Leben in der Marktwirtschaft unerlässlich sind, dann hat das mit dem Hochwasser und seinen Folgen ganz sicher nichts zu tun. Dafür sorgt erst die Rechnungsweise der Marktwirtschaft.

1.

Wenn Baumärkte und Einrichtungshäuser mit Sonderrabatten für Flutopfer werben, um auch noch aus der Not der Flutopfer eine Geschäftsgelegenheit zu machen, dann lässt sich diesem Umstand unschwer entnehmen, dass die betroffenen Menschen an die dringend benötigten Baumaterialien, Möbel und Haushaltsgeräte nicht deshalb nicht herankommen, weil es diese nicht in ausreichender Zahl gäbe. Ganz im Gegenteil. Der in den diversen Schauräumen ausgestellte Reichtum ist bloß gar nicht dafür in die Welt gekommen, irgendein noch so drängendes Bedürfnis zu befriedigen, sondern ausschließlich in der Absicht, durch seinen Verkauf an das Geld auch noch des sprichwörtlich "kleinen Mannes" zu kommen. Schließlich macht bekanntlich auch Kleinvieh Mist. Nur lassen in dieser Hinsicht gerade die Hochwasseropfer doch einiges zu wünschen übrig. Gerade diejenigen, deren Existenz am gründlichsten zerstört wurde, die also all der vorhandenen Gegenstände am dringendsten bedürften, können am wenigsten zahlen. Mit der Fähigkeit, den geforderten Preis zu entrichten, steht und fällt aber im Kapitalismus das Recht des Bedürfnisses auf seine Befriedigung. Auf die Idee, ans Verteilen der nicht nur benötigten, sondern auch vorhandenen Gebrauchsgegenstände zu gehen, verfällt deshalb trotzdem zu Recht niemand, noch nicht einmal die Betroffenen selbst. Selbst sie haben offenbar genug kapitalistische Bildung, um zu wissen, dass vorhandener Reichtum nicht dazu da ist, um ihn denjenigen zugute kommen zu lassen, die ihn brauchen.

2.

Wenn Regierung und Öffentlichkeit betonen, unter welchen Mühen und Entbehrungen die betroffenen Bürger ihre Häuser, ja ihre Existenzen "über Jahrzehnte" und das "unter größtem Verzicht aufgebaut" haben, dann ließe sich solchen Aussagen unschwer entnehmen, dass der Reichtum eines durchschnittlichen Arbeitnehmerhaushaltes nicht allzu üppig ausfällt und zwar noch ganz ohne irgendeine Flut. Lebenslange Arbeit lässt offenbar nicht mehr an Reichtum in den Händen der Arbeitnehmer zurück, als gerade das, was sie samt ihren Familien im Laufe ihres Lebens auch wieder verbrauchen. Ein Dach über dem Kopf zu besitzen, ist da keine Selbstverständlichkeit, sondern gelingt - wenn überhaupt - nur unter jahrelangem Verzicht an anderer Stelle.

Als Beleg für das alte marxistische Dogma, dass die Lohnarbeiter von ihrem Lohn wirklich nicht mehr hinkriegen, als den Erhalt der Brauchbarkeit ihrer Arbeitskraft und oft noch nicht einmal das, sind die wort- und vor allem bilderreichen Darstellungen sogenannter Einzelschicksale in Zeitungen, Funk und Fernsehen natürlich nicht gemeint. Statt gesellschaftliche Verhältnisse zu kritisieren, die Menschen auf einen lebenslangen Dienst am Erfolg der österreichischen Wirtschaft festlegen, von dem sie - wie man gerade an der Flutkatastrophe wieder einmal studieren könnte - selbst nichts haben, wollen diese Berichte den Respekt vor der Haltung und Einstellung von Menschen pflegen, denen nichts ferner liegt, als in ihrer zum Schicksal verklärten Verarmung das Wirken der Gesetze des Kapitalismus erkennen zu wollen, für die im Gegenteil ihr eigenes Leid und die ärgste Katastrophe ihres Lebens wieder einmal nur eines belegt, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben und zusammenzuhalten.

3.

Wenn der Lohn schon eingeteilt werden muss, um das tagtägliche Leben zu finanzieren, ist das laufende Budget eines Arbeiterhaushaltes erst recht überfordert, wenn es darum geht, Auto oder Eigenheim zu erwerben. Wo den Arbeiterhaushalten die baren Mittel fehlen, macht das Kreditgewerbe aus dieser Armut eine Geschäftsgelegenheit und den künftigen Kunden das Angebot mit einem Kredit "auszuhelfen". Im Unterschied zu Mobiliar oder Eigenheim sind die aus einem solchen Kreditgeschäft erwachsenen Verbindlichkeiten nicht mit den Wassermassen weggespült worden. Kredite einfach zu streichen, weil der Kreditnehmer Zahlungsschwierigkeiten hat, würde sich mit den Prinzipien ordentlicher kapitalistischer Geschäfte keinesfalls vertragen, eine Idee, auf die daher auch keiner der Verantwortlichen verfällt. Schließlich gehört es zu den Pflichten eines ordentlichen Kreditgeschäftes zu schauen, was zu holen ist. Das sind die Banken schon der Solidität ihres Gewerbes schuldig. Wenn dann etwa das Magazin News in seiner Ausgabe vom 22.8.02 nur noch von jenem jungen Ehepaar berichten kann, das

"erst vor zwei Wochen das neue - auf Kredit finanzierte - Heim bezogen hatte, von dem jetzt nur mehr die Ruine steht".

dann hat Zerstörung von mehr als nur einem Lebenstraum mit Garantie nichts mit den Launen der Natur oder einer sich ankündigenden Klimakatastrophe, die uns alle bedroht, zu tun, sehr viel aber mit der Rechnungsweise des Kapitalismus.

Die Bewältigung des Schadens ist Privatsache oder im Kapitalismus ist jeder seines Unglückes Schmied!

1.

Während und nach der Flut waren umfangreiche Aufräumungsarbeiten erforderlich. Das war wieder einmal die Stunde der Nachbarschaftshilfe und der freiwilligen Rettungs- und Feuerwehrdienste. Da ausreichende staatliche Budgetmittel für Rettung und Feuerwehr zu schade sind, eine Belastung der Wirtschaft aber ebenfalls nicht in Frage kommt, sind derlei Hilfsdienste mehrheitlich privat und vor allem ehrenamtlich organisiert. Wer meint, menschlich oder moralisch zur Hilfe als Rettungs- oder Feuerwehrkraft verpflichtet zu sein, muss das in seiner Freizeit tun.

Weil derlei Dienste noch nicht einmal einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit begründen, von einem Recht auf Entgeltfortzahlung ganz zu schweigen, sah sich der Bundespräsident angesichts der außergewöhnlichen Umstände zu einem Appell(!) an die österreichischen Arbeitgeber veranlasst,

"ihren bei Rettungs- und Hilfsorganisationen im Einsatz stehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die benötigten Sonderurlaube zu gewähren."(Erklärung des Bundespräsidenten zur Hochwasserkatastrophe vom 13.8.02)

Die vom Bundespräsidenten gewählte Form des Appells unterstrich es noch einmal. Was an Hilfe notwendig und wer zur Hilfe berechtigt ist, entscheidet sich einzig an den Bilanzen der Unternehmen. Oder umgekehrt, eine verpflichtende Freistellung, vielleicht auch noch mit Entgeltfortzahlung, würde die Unternehmen treffen und kommt deshalb nicht in Frage.

Und daran soll sich auch in Hinkunft nichts ändern. So wurde ein Vorschlag der Grünen nach einer besseren arbeitsrechtlichen Absicherung für die freiwillige Feuerwehr und andere freiwillige Hilfskräfte von Umweltminister Molterer mit folgenden Worten zurückgewiesen:

"Erstens funktioniert der Katastropheneinsatz der freiwilligen Einrichtungen sensationell. Zweitens werden wir nach Bewältigung der Hochwasserflut mit allen Einrichtungen erörtern, welche Lehren wir daraus ziehen. Es ist leider typisch österreichisch, sofort nach dem Gesetzgeber zu rufen."(Kurier vom 18.8.2002)

Das fehlte gerade noch, ein Rechtsanspruch aufs Helfen dürfen. Das will Molterer den Österreichern, die doch schon längst ganz eigenverantwortlich ihre Arbeitskraft wo immer es ihnen ihre Arbeitgeber erlauben in den Dienst der Gemeinschaft stellen, wirklich nicht zumuten.

2.

Wenn gemäß der Rechnungsweise der Marktwirtschaft grundsätzlich einmal jeder sehen kann, wo er mit seinem Schaden bleibt, die Beseitigung der Schäden aber notwendig außerhalb der finanziellen Möglichkeiten der Mehrzahl der Opfer liegt, ertönt der Ruf nach privaten Spenden. Herr und Frau Österreicher wurden von Hilfsorganisationen, Tageszeitungen, Firmenchefs, Betriebsräten und ORF zum Spenden angespornt, und erhielten so die Chance sich als Teil der Familie Österreich zu fühlen.

Und auch die Bundesregierung fordert und fördert das Spendenverhalten ihrer Staatsbürger durch die Verdopplung der eingesammelten Beträge. Der Geisteshaltung vieler Bürger, in den hochwassergeschädigten Existenzen eine gute Gelegenheit für den Beweis zu sehen, dass wir Österreicher zusammenhalten, kann sie nämlich sehr viel abgewinnen. Dass selbst die verdoppelten Spendengelder nicht einmal im entferntesten ausreichen, die entstandenen Schäden zu beheben, stört dabei nicht. Darum war es ja niemandem zu tun. Ganz nebenbei lässt sich außerdem der Reichtum der Nation dort am besten abzwacken, ohne gleich unerwünschte volkswirtschaftliche Folgekosten zu verursachen, wo er ohnehin nur in den privaten Konsum abfließt. Je mehr auf diesem Weg erledigt wird, desto weniger muss aus dem Staatshaushalt aufgewandt werden.

Auch die Prominenz ließ sich nicht lumpen, nutzte die Gelegenheit und stellte sich in den Dienst des Benefiz und den Benefiz in den Dienst ihrer Prominenz. So haben auch die von Ö3 boykottierten Austropoper endlich wieder einmal beweisen können, welch wichtigen Beitrag sie für den Zusammenhalt Österreichs zu leisten vermögen. Gemeinsam mit Politikern und Wirtschaftstreibenden fanden sie sich in der Aktion "Steiermark hilft" zusammen, organisierten noch im August ein "Konzert für Österreich"(ORF-Teletext), "sangen und spielten für für die Opfer der Jahrhundertflut"(ebenda).

Der Staat behebt den nationalen Schaden!

Wenn im Falle der Schäden durch das Hochwasser eine nationale Katastrophe ausgerufen wird, liegt das nicht einfach an der Größe des privaten Schadens, den der eine oder andere erlitten hat, dann liegt das vielmehr daran, dass der Staat im Ausmaß der Zerstörung von "Häusern, Betrieben, Autos, landwirtschaftlichen Geräten" die von ihm verwaltete Reichtumsproduktion und damit sich selbst beschädigt sieht. Und so sieht sie dann auch aus, die staatlich organisierte Hilfe.

Den laut Presse vom 20.9.02 von Landwirtschaftsminister Molterer geschätzten Schäden in der Höhe von fünf bis sieben Milliarden Euro tritt die Bundesregierung mit finanziellen Mittel in einer Höhe von ca. 700 Millionen Euro entgegen und stellt damit schon einmal unmissverständlich klar, dass es ihr um eines ganz sicher nicht zu tun ist, um eine eine restlose Beseitigung aller Schäden. Und das nicht, weil es - wie es immer dann heißt, wenn es gilt, den Erfolg österreichischer Politik herauszustreichen - einer der reichsten Nationen der Welt an den nötigen Mitteln fehlen würde. Ihr fehlt bloß der Wille dazu und zwar ganz einfach deshalb, weil nicht jeder entstandene Schaden auch schon einer der von ihr regierten Republik ist. Staatliche Hilfe will daher dosiert werden, die Kriterien der Unterscheidung von Schaden und Schaden sind dabei denkbar einfacher Natur.

1.

Weil der Staat sich eine Detailprüfung der zahllosen Privatschäden ersparen möchte, verspricht er den Geschädigten "unbürokratische Hilfe" und findet - ganz so, als ob Bundeskanzler Schüssel seinen Spruch "Wer rasch, hilft hilft doppelt" ernst meinen würde - die stolzen Besitzer ehemaliger Eigenheime, Autos und unbedingt notwendigen sonstigen Hausrates mit 20% bis 50% ihres anerkannten in Geld geschätzten Schadens ab. Mit diesen maximal 50% ihres Zeitwertes lassen sich zwar die zerstörten Gegenstände nicht ersetzen, dafür, dass die Betroffenen Österreich und seiner Wirtschaft wieder ganz und ungeteilt zur Verfügung stehen, muss die Summe nach Einschätzung der Regierung aber reichen. Und um mehr geht es dann eben nicht. Für die veranschlagten Mittel in Höhe von 250 Millionen Euro hat der Staat in Gestalt des Katastrophenfonds immer schon vorgesorgt, schließlich will er sich durch derartige Ereignisse nicht auch noch seinen Haushalt durcheinanderbringen lassen.

2.

Flut hin oder her, Steuern und Gebühren wollen und müssen auch jetzt entrichtet werden. Aber der Staat will nicht so sein. Nicht dass er den Geschädigten Steuern erlassen würde, aber um nicht durch den Zwang, Steuern abführen zu müssen, ihren Ruin über Gebühr zu befördern, drückt er ein Auge zu, stundet Steuern, verzichtet auf Säumniszuschläge und von manchen finanziellen Verpflichtungen ihm gegenüber, die überhaupt erst durch die Flut entstanden sind, wie etwa die Gebühren für neue Dokumente oder die für die Entsorgung des angefallenen Drecks, befreit er sie generöus zur Gänze. Natürlich nicht, ohne sich diesen Verzicht darauf, die Flutopfer noch weiter zu schädigen, als seine Hilfsleistung selbst hoch anzurechnen und sie mit den anderen Geldleistungen zu phantastischen Milliardenbeträgen hochzurechnen.

Wer es sich leisten kann, trotz des Umstandes, dass ein Anspruch auf Hilfe nur in der Höhe von höchstens 50% des Zeitwertes besteht, Ersatzanschaffungen zu tätigen, wird vom Staat für diesen Beitrag zum Wachstum extra belohnt und darf Ausgaben für die Sanierung des Wohnhauses, den Kauf neuer Einrichtungsgegenstände, den Ersatz des zerstörten Autos usw.usf. als "außergewöhnliche Belastung" steuermindernd geltend machen. Die Flutopfer dürfen also für das heurige Jahr weniger Lohn- oder Einkommenssteuer zahlen. Ganz ohne Haken und Häkchen ist dieses großzügige sogenannte Hilfsangebot des Staates aber nicht. Schließlich handelt es sich um eine Hilfe, die gar nicht im eingetretenen Schaden ihr Maß hat. Voraussetzung dafür in ihren Genuss zu kommen, ist gemäß Einkomenssteuerrecht vielmehr, dass die durch die Flut "wesentlich beeinträchtigte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zumindest noch soweit intakt ist, dass sich der Betroffene die Reparaturarbeiten und Ersatzanschaffungen überhaupt leisten kann. Dann und nur dann wird diese Hilfe wirksam und der Staat verzichtet im Interesse der Erhaltung dieser prakisch bewiesenen und am zu versteuernden Jahreseinkommen gemessenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf einen Teil der ihm eigentlich zustehenden Einnahmen.

3.

Zu den Opfern der Flut gehören nicht nur Privatpersonen sondern auch Betriebe. Hier geht es darum, zu verhindern, dass der Standort Österreich Schaden nimmt. Zusätzlich zu den Mitteln aus dem Katastrophenfond, auf die auch betroffene Betriebe einen Anspruch haben, stellt deshalb Wirtschafts- und Sozialminister Bartenstein im Rahmen eines Sonderprogramms Zinszuschüsse zur Verfügung, die nach seinen Schätzungen ein Gesamtkreditvolumen für hochwassergeschädigte Betriebe von 1 Milliarde Euro bewegen. Und für den Fall, dass das nicht reicht, gibt es weitere zinsgünstige ERP-Kredite. Gemäß der kapitalistischen Rechnungsweise, derzufolge wirtschaftlicher Erfolg am erzielten Gewinn sein Maß hat, ist die von einem Betrieb lukrierte Hilfe umso größer, je eher er in der Lage ist, auch aus eigenem Kredit an sich zu ziehen und den eigenen Reichtum, sowie den des Bankenapparates zu vergrößern.

4.

Weil jetzt - wie übrigens immer - nichts wichtiger ist als ein Investitionsimpuls, um das Wachstum der Wirtschaft anzukurbeln, nimmt die Bundesregierung die Flutkatastrophe auch gleich dafür zum Anlass - nicht nur - den hochwassergeschädigten Betrieben mit einem sozialpartnerschaftlich ausverhandelten Konjunkturpaket unter die Arme zu greifen. Ganz beiläufig wird damit der Wirtschaft unter Absegnung durch ihren gewerkschaftlichen Sozialpartner in einer der derzeitigen konjunkturellen und arbeitsmarkpolitischen Lage angepassten Form genau die Lohnnebenkostensenkung spendiert, von der es im selben Atemzug heißt, dass sie - genauso wie die den Lohnempfängern versprochene Entlastung ihrer Einkommen durch eine Steuerreform - im Moment aus budgetären Gründen leider, leider entfallen müsse. Ein Umstand, der die Presse am 7.9.02 zu der Aussage verleitet, dass sich politisch die Debatte " vor allem um die Vermarktung der Maßnahmen (dreht). Es wird nämlich penibel darauf geachtet, daß das Paket nicht als erste Etappe der Steuerreform interpretiert werden kann".

5.

Im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesens begnügt der Staat sich natürlich nicht damit, Prozentanteile des Schadens zu beheben und sieht von vorneherein Mittel in ausreichender Höhe zur völligen Behebung der Schäden vor. Er weiß nicht nur um die Wichtigkeit dieser seiner Dienstleistungen für die österreichische Wirtschaft und ihren Erfolg, sondern ist sich auch bewusst, dass er ihr gerade wegen dieses anvisierten Erfolgs die mit den Reparaturarbeiten zusammenhängenden Kosten keinesfalls aufbürden darf.

Der politische Ertrag des Hochwassers!

Das Hochwasser dieses Sommers hat nicht nur Opfer hervorgebracht, die demokratische Öffentlichkeit kennt auch Gewinner:

"Die Kanzler-Partei ÖVP geht aus der Flut gestärkt hervor", kann man im News vom 22.August 2002 lesen." Weiters heißt es ebendort: "Starkes Duo: Der Kanzler und Pröll. Nach Schreckenssekunden war auch Schüssel vor Ort und bewährte sich wie Pröll als Krisenmanager."

Beinahe hätte der Kanzler den richtigen Zeitpunkt, sich wie sein niederösterreichischer Parteifreund in Gummistiefeln an Ort und Stelle zu zeigen, verpasst. Dass ein solcher Auftritt auch misslingen kann, hat er von seinem Amtsvorgänger Klima gelernt. Die Öffentlichkeit kann es einem Politiker ja manchmal schon auch wieder schwer machen. Alle wissen, dass das persönliche Erscheinen am Ort der Katastrophe nicht den Katastrophenopfern dienen, sondern den Politikern Punkte bzw. Stimmen bei der nächsten Wahl bringen soll. Dafür ist es einerseits unabdingbar notwendig, die Gummistiefel anzuziehen und Solidarität mit den Menschen vor Ort zu bekunden, andrerseits muss man peinlich darauf bedacht sein, den Verdacht, mit der Flutkatastrophe Werbung für sich zu machen, gar nicht erst aufkomen zu lassen, denn das wäre ja nachgerade schäbig.

Während die Oppositionsparteien beim Ranking der stiefeltragenden Politschaufler Minuspunkte sammelten -"Gusenbauer war weg und Van der Bellen nicht zu sehen", wurde moniert - konnte Vizekanzlerin "Susi" mit Bundeskanzler "Strolchi" mithalten. Doch sie musste mit Bedauern feststellen, dass sie damit der FPÖ nicht dienen konnte. Dass sie nicht nur den Schlamm, sondern gleich auch noch die angekündigte Steuerreform wegräumte, ließ in Teilen ihrer Partei die Sorge aufkommen, dass dies dem auch während der schwarz-blauen Regierungszeit nicht größer gewordenen "kleinen Mann" nicht ohne Stimmenverlust für die FPÖ zuzumuten sei. Dieser Streit nutzt nicht nur dem Regierungspartner, der diese Chance, aus der Selbstverstümmelung der FPÖ gestärkt hervorzugehen, nicht an sich vorbeiziehen ließ und Neuwahlen durchsetzte, sondern auch den Oppositionsparteien, denen nun die Option eröffnet ist, die lästige Oppositionsrolle vorzeitig ablegen zu dürfen.

Die Flut hat aber nicht nur den Kanzler gestärkt und der Opposition die Hoffnung auf baldige Regierungsverantwortung beschert, sie hat auch "uns Österreicher" reicher gemacht, versichern uns Schüssel, Klestil und Pröll:"Österreich ist durch die Naturkatastrophe zusammengerückt. Ein Ruck geht durch das Land", "Wir können auf uns Österreicher stolz sein", "Wir haben viel gewonnen - an menschlichen Werten". Na, wer sagts denn, wenn das keine reiche Bescherung ist, Haus und Hof kaputt, vielleicht auch noch arbeitslos - dafür aber nationale Geschlossenheit! Kein Vorbehalt gegenüber Politik und Wirtschaft darf die Nation trüben.